Auch wenn Hans Rauscher anderer Ansicht ist als wir (DER STANDARD, 30. März), trägt er damit - vermutlich gegen seine Überzeugung - zur Unterstützung unserer Anliegen bei. Unser Volksbegehren ist übrigens nicht - wie der Titel nahelegt - gegen die (katholische) Kirche gerichtet, sondern an ein Demokratiedefizit und damit den Staat adressiert. Vermutlich gibt es bei der zentralen Forderung, der Nichtdiskriminierung und Nichtprivilegierung von Religion und Weltanschauung sogar Übereinstimmung zwischen uns. Auch sehr viele religiöse Menschen unterstützen unser Volksbegehren. In den wesentlichen Anliegen gibt es auch keine rationalen Gegenargumente. Darum fokussiert sich die Kritik am Volksbegehren auf Nebenschauplätze, sehr oft auch in Form von Straw-Man-Argumentationen.

Überprüfbare Fakten weist Hans Rauscher als "schlicht und einfach falsch" zurück. Die in Anführungszeichen gesetzte "Steuerbefreiung der Kirche" bezieht sich ja explizit auf die angeführten Punkte. Es wird an keinem Punkt suggeriert, dass die Kirchen und Religionsgesellschaften generell steuerbefreit wären. Die bestehenden Steuerbefreiungen sind völlig unabhängig von ihrem Volumen eine Privilegierung.

Auch von einer Verstaatlichung des Kirchenvermögens ist an keiner Stelle die Rede. Niemand will die Kirche enteignen, es geht darum, den Automatismus der Erhaltung kirchlichen Vermögens aus Steuermitteln zu beenden. Die Kirche ist reich genug, um für sich selbst zu sorgen. Was sie aus eigener Kraft nicht erhalten kann, muss sie eben verkaufen. Beim aktuellen Mitgliederschwund wäre es auch ökonomisch sinnvoll, die teure Infrastruktur anzupassen. Eine weitere Erhaltung von zum Beispiel Bauten aus dem Bundesbudget würde dann auch den Eigentümer ändern. (Nichtexklusive) Nutzungsrechte können ja unabhängig davon vereinbart werden.

Dass das Volksbegehren nicht nur von aufklärerischem Geist, sondern auch von Emotionen getragen ist, darf als gegeben angenommen werden. Viele der Proponenten haben auch tatsächlich sehr schlechte Erfahrungen mit der Institution Kirche gemacht. Dennoch sind beide Enden des Spektrums in unserer Bewegung vertreten, und die inhaltliche Kritik ändert sich auch nicht, wenn sie mitunter weniger sachlich vorgetragen wird. Dass wir uns damit dort keine Freunde machen, wo wir auch sonst keine hätten, nehmen wir in Kauf.

Das Geldargument, wir könnten uns ohne die günstigen Dienstleistungen der Kirche den Sozialstaat nicht leisten, entzieht sich hier der Überprüfbarkeit - ich bezweifle es persönlich sehr -, und seine Aufklärung wäre sicher interessant, vor allem wenn für die Kirchen und Religionsgesellschaften der gleiche Maßstab wie für den Arbeitnehmerschutz angelegt wird, wie bei vergleichbaren nichtreligiösen Betrieben. Aber selbst wenn die Kirchen besser wirtschaften sollten, ist das noch lange kein Grund, dass der Staat weltanschaulich diskriminiert und eine Grenze durch seine Bevölkerung zieht nach religiösen Weltanschauungen, die anerkennungswürdig sind und solchen, die per se nicht anerkannt werden können.

Was die Privilegierung von Kammern etc. betrifft, läuft man bei mir offene Türen ein. Aber ein Unrecht durch ein anderes aufzuwiegen hat noch nie gut funktioniert. Dasselbe gilt für den zitierten Missbrauch. Auch wenn andere Institutionen davor nicht gefeit sind, dürfen wir festhalten, dass die katholische Kirche (in dem Fall nur diese) die Aufklärung nicht zuletzt durch die von Rauscher biografisch geschätzte Waltraud Klasnic und die nach ihr benannte Kommission systematisch weiter behindert. Könnte man sich vorstellen, dass eine ähnliche Häufung von Misshandlungsfällen bei Jehovas Zeugen oder Scientology auch ohne Untersuchungen durch eine staatliche Behörde hingenommen würde?

Dieser Sonderbehandlung, die natürlich kein gesetzliches Privileg darstellt ist, begegnen wir deswegen auch mit einer ergänzenden Forderung nach einer unabhängigen Aufklärung der Missbrauchsfälle. Zusätzlich zu den anderen Forderungen nach Laizität, der daraus folgenden Konsequenz der Abschaffung kirchlicher Privilegien und Streichung jener Subventionen, die aus der rechtlichen Besserstellung resultieren.

Schlussendlich noch zum letzten Absatz des Kommentars: Hier fällt es mir ein wenig schwer, die Ruhe zu bewahren. Zunächst will niemand den Kirchen und Religionsgesellschaften komplett die Unterstützung entziehen. In vielen Punkten wird die Unterstützung inhaltlich gar nicht infrage gestellt, sondern lediglich transparent gemacht. Doch der darauf folgende Vergleich unserer direktdemokratischen Herangehensweise, Demokratiedefizite über ein Volksbegehren zu thematisieren, mit nationalsozialistischem oder kommunistischem Gedankengut enttäuscht mich als jemand, der immer gern den Rauscher liest, journalistisch doch sehr. (Niko Alm, DER STANDARD, 9.4.2013)