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32.000 Wohnungen wechseln in Bayern ihren Besitzer. Mietervertreter sind besorgt.

Foto: APA/dpa/Krumm

Das Rennen um das Wohnungsportfolio der BayernLB-Tochter GBW ist entschieden: Die Augsburger Immobiliengesellschaft Patrizia AG bekam den Zuschlag für die 32.000 Wohnungen. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte dies am Montagvormittag unter Berufung auf zwei mit dem Vorgang vertraute Personen berichtet.

Mittlerweile bestätigte die Patrizia den Deal. Die Übernahme sei ein Meilenstein für das Unternehmen, jubelte Konzernchef Wolfgang Egger. An der Börse kam der bisher größte Wohnungsdeal in Deutschland gut an: Die Patrizia-Aktie kletterte um 13 Prozent auf gut acht Euro - und damit den höchsten Stand seit November 2007.

Größte Transaktion 2013

Patrizia lege inklusive Schuldenübernahme 2,45 Milliarden Euro hin, sagte einer der Insider. Es dürfte sich damit um den voraussichtlich größten Immobilienverkauf des laufenden Jahres in Deutschland handeln. Die BayernLB muss die Wohnungen auf Druck der EU-Kommission verkaufen.

Der Augsburger Konzern hatte bereits im vergangenen Jahr den Zuschlag für die Immobilientochter der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) erhalten und setzte sich nun auch in München gegen diverse Mitbewerber durch - darunter eine Bietergemeinschaft um die bayerischen Kommunen München und Nürnberg sowie ein weiteres Konsortium, an dem die österreichische Conwert als Verwalter beteiligt ist.

Mieterverbände besorgt

Neben den gescheiterten Mitbewerbern dürfte auch den Mietern nicht gerade zum Feiern zumute sein: Mieterverbände in Baden-Württemberg berichteten zuletzt von "alles andere als guten" Erfahrungen mit der Patrizia, nachdem sich diese die 20.000 Wohnungen der LBBW gesichert hatte. "Alle Befürchtungen zum Verkauf der Wohnungen haben sich genauso bewahrheitet", wurde Angelika Brautmeier vom Mieterverein Stuttgart kürzlich in der "Mittelbayerischen" zitiert. Die Mieten seien gleich am ersten möglichen Tag "bis zum Limit erhöht worden. So schnell konnten die Mieter gar nicht gucken, wie die Mieterhöhungen kamen."

Patrizia muss sich im Zuge der Übernahme der GBW-Wohnungen zwar neuerlich zur Einhaltung einer Sozialcharta verpflichten. Für Mieterschützer sind diese Vereinbarungen aber das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sind.

Der bayerische Finanzminister Markus Söder erklärte am Montag, mit Patrizia habe ein "seriöses bayerisches Unternehmen" den Zuschlag für die GBW erhalten. "Die BayernLB wird streng überwachen, dass die Sozialcharta zum Schutz der Mieter erfüllt wird." Die GBW-Mieter seien nach dem Verkauf besser geschützt als vorher, beteuerte auch Patrizia. Die SPD beklagte dagegen, dass das kommunale Konsortium nicht zum Zug kam. "Söder und die bayerische Staatsregierung haben die 85.000 Mieterinnen und Mieter verraten und verkauft", sagte Harald Güller, der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion. Die GBW werde ohne Not an einen privaten Investor verkauft.

Patrizia zahlt selbst nur 58 Millionen Euro

Patrizia stemmt die Übernahme mit Hilfe von finanzstarken Pensionskassen und Versicherern, aber auch von Sparkassen. Sie alle sind im Niedrigzinsumfeld auf der Suche nach Rendite und wenden sich deshalb verstärkt Immobilien-Investments zu. Besonders in Großstädten wie München oder Nürnberg, wo zahlreiche GBW-Immobilien liegen, sind die Kaufpreise und Mieten für Wohnungen in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen. Die relativ kleine Patrizia wiederum, die die Bewirtschaftung der Immobilien übernimmt, braucht dank des Konsortiums nur etwa 58 Millionen Euro selbst einzubringen.

Patrizia will den Zukauf, dem die Kartellbehörden noch zustimmen müssen, unmittelbar nach der Hauptversammlung am 15. Mai abschließen. Bei der Transaktion übernimmt die Immobilienfirma den GBW-Anteil der BayernLB von 92 Prozent. Auch weitere GBW-Aktionäre wollen ihre Papiere an Patrizia weiterreichen - am Ende werden die Augsburger nach eigenen Angaben 96,5 Prozent an der Wohnungsgesellschaft halten.

Partner der CA Immo in München

In Österreich geht die Patrizia AG keiner Geschäftstätigkeit nach. Gemeinsam mit der österreichischen CA Immo entwickelt man aber seit einem Jahr das Quartier "Baumkirchen Mitte" in München. Im Rahmen eines Joint-Ventures sollen dort auf einer Grundstücksfläche von ca. 29.000 m² Wohnungen (mit einer Gesamtfläche von rund 45.500 m²) und Büros (18.500 m²) entstehen. (red/Reuters, derStandard.at, 8.4.2013)