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Bundesliga-Vorstand Georg Pangl findet dass, "die aktuelle Änderung das Wort Reform nicht verdient."

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Durchschnittlichen Kickern will er in einer 16er-Liga keine Versorungsposten anbieten.

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derStandard.at: Der österreichische Fußball war für die Fans schon sexier, das Zuschauerinteresse an der Bundesliga ist weiter rückläufig. Sind diese Zahlen für Sie alarmierend?

Georg Pangl: Ich hätte natürlich gerne wieder einen Zuschauerrekord aufgestellt. Wir haben aber beispielweise in jüngster Vergangenheit mit dem LASK und dem GAK zwei Traditionsvereine verloren, die hätte ich noch immer sehr gerne dabei. Kleinere Klubs können diesen Zuschauerschnitt nicht auffangen. Die Zahlen sprechen für sich. Unabhängig vom Wetter, das wir als schweren Gegner haben.

derStandard.at: Viele Fans, auch im Forum von derStandard.at, hätten sich eine Änderung des Ligaformats mit mehr Bundesligisten gewünscht. Ist die Liga ein Spiegelbild der Politik, also nicht reformierbar?

Pangl: Ich darf ein wenig provokant sein und sage: Diejenigen, die für den Status quo sind, haben sich wahrscheinlich nicht gemeldet. Während fünf Prozent der Fußballfans laut schreien, hört man die 95 Prozent nicht, die keine Änderung wollen. Ob die Meinungsumfragen repräsentativ sind, wage ich daher zu bezweifeln.

derStandard.at: Die Sechzehnerliga hat in den 80er Jahren nicht funktioniert. Greift man dieses heiße Eisen deshalb nicht mehr an?

Pangl: Man kann die Zeit von früher mit heute nicht vergleichen, aber Mitte der 80er Jahre ist der SC Neusiedl von Rapid mit 8:0 aus dem Stadion geschossen worden (Saison 1983/1984, Anm.). Derartige Ergebnisse helfen niemandem. Ich sehe mich nicht als Hellseher, die aktuelle Änderung verdient das Wort Reform nicht. Konkret stand die Anzahl der Teams in der obersten Spielklasse aber bei den Vereinen in den letzten zwei Jahren nie zur Diskussion.

derStandard.at: Ein optimales Ligaformat, das den Klubs aus dem kleinen Österreich internationale Konkurrenzfähigkeit bei gleichzeitig größerer wirtschaftlicher Überlebenschance garantiert: ein Ding der Unmöglichkeit?

Pangl: Das haben sie sehr schön formuliert. Was ist optimal? Wir wollen sportliche Qualität, bestmögliche Terminkoordination und Spannung, damit viele Fans in die Stadien kommen. Ob das die Leute interessiert, wenn in einer Sechzehnerliga der Achte gegen den 14. spielt? Auch Versorgungsposten können wir in der Liga keine anbieten. Ein breiteres Mittelfeld in der Bundesliga, wo auch die weniger talentierten Abgänger der Fußball-Akademien unterkommen würden, kann für die sportliche Entwicklung der jungen Spieler in meinen Augen ebenso nicht förderlich sein. Das ist aber nur ein Aspekt.

derStandard.at: Was halten sie vom Modell einer 16er-Liga plus drei Regionalligen sowie einer strikte Trennung zwischen Profi- und Amateurfußball?

Pangl: Darin sehe ich eine schwierige Konstruktion. Die Top-Regionalligisten müssten schon einen profiähnlichen Betrieb installieren, denn der Sprung in die Bundesliga wäre dann noch weit größer als jetzt von der Ersten Liga.

derStandard.at: Themenwechsel: Das Lizenzierungsverfahren für die Vereine ist am Laufen. Mit welchen Gefühlen blickt der Bundesliga-Vorstand der wirtschaftlichen Prüfung der Vereine entgegen?

Pangl: Gefühle habe ich für meine Frau und meine Kinder, in diesem Bereich sind sie aber nicht gefragt. Ich wünsche jedem Verein, dass alles gut geht. Ich habe keinen Einblick in die Zahlen, am 30. April ist Stichtag. Wir haben sowieso keinen Spielraum, im Senat der Liga sitzen aber deswegen nicht lauter böse Menschen. Dem LASK wurde etwa laut aktuellen Medienberichten vor seinem Abstieg ein 15-Punkte-Programm vorgelegt, die Mitglieder des Senats und die Wirtschaftsprüfer von KPMG zerbrechen sich Tage und Nächte lang die Köpfe über Querrechnungen und Plausibilitäten. Das ist eine Expertenrunde, die es sich nicht leicht macht. Obwohl nichts einfacher ist, als polemisch über unsere Urteile zu schimpfen. Die Lizenz ist auch keine Garantie für den Fortbestand eines Klubs. Manche Vereine sind schon über einen einzigen Sommer nach Zahlungsausfällen von Sponsoren in die Bredouille gekommen.

derStandard.at: Halten sie es für problematisch, wenn Wacker Innsbruck aktuell eine dicke Finanzspritze von Stadt und Land bekommt. Geht das in Richtung Wettbewerbsverzerrung?

Pangl: Schwer zu sagen. Es ist sicher so, dass auch gut geführte Klubs mit einem kleinen Stadion Unterstützung aus Politik beziehungsweise staatsnahen Unternehmen gebrauchen können. Ich bin über jede Hilfe froh und auch dass Großsponsoren wie Wien Energie oder der Verbund Partnerschaften mit Vereinen eingehen. Ich würde Wacker Innsbruck sehr ungern verlieren, darum begrüße ich die Unterstützung. Hier möchte ich nicht den Robin Hood spielen, das sage ich aus Eigennutz.  

derStandard.at: Der FC Lustenau ist offiziell zahlungsunfähig. Ein weiterer Beleg für die Baustelle Erste Liga?

Pangl: Hätte Lustenau eine Garantie gehabt, dass dieses Szenario in einer Sechzehnerliga nicht passiert wäre? Das verweise ich ins Reich der Fabel. Eine größere Liga würde keinen Klub vor dem Sterben retten. Und das mit einer Sechzehnerliga der Zuschauerschnitt gehoben wird, wenn die Duelle im Mittelfeld, wo es keine Spannung gibt, sprich im sportlichen "Niemandsland" der Liga anstehen? Fragezeichen. Glauben Sie, dass da mehr Zuschauer kommen als derzeit? Sportlich wird eine Aufstockung auch keinen großen Schub in Richtung Europacup-Erfolge der Klubs bringen. Der Gedanke des Allheilmittels Sechzehnerliga wird augenscheinlich nicht ganz fertig gedacht.

derStandard.at: Das aktuelle Reförmchen bringt ab der kommenden Saison zwei Fixabsteiger aus der Ersten Liga. Damit wird der wirtschaftliche Überlebenskampf noch härter.

Pangl: Die Klubs aus der Bundesliga halten es darum für einen Fehler, zwei Teams aus der Regionalliga aufsteigen zu lassen. Erinnern sie sich an Vereine wie den SV Bad Aussee oder Vöcklabruck. Da gab es Kandidaten, die kamen aus der Regionalliga und hatten keine passende Infrastruktur, keine konkurrenzfähige Mannschaft. Da waren noch nicht einmal die Meister- und Aufstiegsprämien bezahlt, als es eine Liga höher hinauf ging. In Vöcklabruck funktionierte es eine Zeit lang, weil ein Mäzen zahlte, in Bad Aussee wurde zugunsten der Profimannschaft der Nachwuchsspielbetrieb eingespart. In Wahrheit fehlt es vielen Klubs, die aus dem Amateurbereich aufsteigen wollen, auf fast allen Ebenen. Daher kommt der Lizenzierung künftig noch mehr Bedeutung zu.

derStandard.at: Zählt da auch die Vienna dazu? Geht deren Geschichte bald in der Regionalliga weiter?

Pangl: Ich würde mir wünschen, dass ein Traditionsverein wie die Vienna auch mit einem bescheidenen Budget weiterhin in der Ersten Liga verbleibt.

derStandard.at: Wie kann man die Erste Liga einem Bewerbssponsor schmackhaft machen?

Pangl: Seitens der Klubs besteht eine Preisvorstellung, die es nicht leicht macht, neue Partner zu finden. Wir reden von einer Größenordnung von einer dreiviertel Million Euro pro Jahr. Der Name muss sich mit dem Produkt verbinden lassen, wie es bei ADEG oder Red Zac der Fall war, dann ist die Partnerschaft für den Sponsor ein Vielfaches wert. Verscherbelt soll die Erste Liga nicht werden. Es gibt aber fast kein Unternehmen, das wir noch nicht abgeklappert haben.

derStandard.at: Wie lange kann es dauern, größere Sponsoren zu bezirzen?

Pangl: Für den Einstieg von Red Zac wurde vier oder fünf Jahre Vorarbeit geleistet, bis die Vorstände Ja gesagt haben. Man hörte im Nachhinein vom Unternehmen, dass es ein großer Fehler gewesen sein soll, den Vertrag 2008 zu kündigen. Die Plattform Erste Liga bietet eine wunderbare Medienpräsenz und fachmännische Berichterstattung über eine noch entwicklungsfähige Liga. In Wahrheit muss sich jeder Klub in der Ersten Liga alle zehn Finger abschlecken, dass die Produktion mit Sky und dem ORF aus teils sehr einfachem Ambiente - Kritiker sagen Dorfplätze - so tolle Fernsehbilder in die Wohnzimmer liefert. (Florian Vetter, derStandard.at, 5.4.2013)