Geldgeber und Großinvestor: Seine Feinde sitzen beim Präsidenten, sagt der Banker Tswetan Wassilew. In Bulgarien ist politische Übergangszeit.

Foto: Bernath

Sofia/Istanbul - Es ist nicht so, dass nun alles klarer wäre: Ein vergangene Woche veröffentlichtes Interview des STANDARD mit dem einflussreichen bulgarischen Banker Tswetan Wassilew hat ein Schlaglicht auf die Machtkämpfe im Balkanland geworfen. Wassilews Behauptung, der amtierende bulgarische Präsident sei ein "Produkt" von Unternehmerkreisen und vertrete deren Interessen, beherrschte tagelang die öffentliche Diskussion in Bulgarien. Sie ist auch von österreichischen Investoren genau registriert worden.

Doch die Machtbalance in dem EU-Staat, der von einer nicht gewählten Übergangsregierung geführt wird, bleibt schwer zu fassen: Oligarchen mit Mediengeschützen, ein Premier, der zurückgetreten ist, aber sein Comeback vorbereitet, ein Präsident, der sich eine Regierung ohne Parlament zusammengesucht hat; die Protestbewegung der Straßen schließlich, deren Führer bei den alten Parteien unterkommen, um bei der vorgezogenen Parlamentswahl am 12. Mai zu kandidieren.

Der Multiunternehmer Iwo Prokopiew hat über seinen Economedia-Verlag die Vorwürfe der politischen Konspiration zurückweisen lassen. Tswetan Wassilews Corporate Commercial Bank habe sich als "inoffizieller Koalitionspartner jeder Regierung etabliert", heißt es vielmehr in einem Schreiben der Chefredakteure von Kapital - einer Tages- und Wochenzeitung - und Dnevnik; sie gehören zum Economedia-Verlag.

Diese Zeitungen hätten auf die "beunruhigende Tatsache aufmerksam gemacht, dass die Hälfte der Gelder aller staatlichen Unternehmen in dieser kleinen Privatbank angelegt sind", geben die Chefredakteure an.

Wassilew wiederum argumentiert, staatliche Energiebetriebe zählen zu seinen Kunden, weil die Bank entsprechende öffentliche Ausschreibungen gewonnen habe. Einen Tag nach Veröffentlichung des Interviews im Standard kündigte die Interimsregierung in Sofia an, sie werde Regeln für die Auswahl von Banken ausarbeiten.

Die EU-Kommission in Brüssel wies zurück, die bulgarische Kommissarin Kristalina Georgiewa gehöre einem "Zirkel" von Unternehmern in ihrer Heimat an; dass Georgiewa mit einem Exmanager von Economedia verwandt sei, sei eine "bizarre Lüge". Das Investmentunternehmen Bulbrokers präzisierte, es sei lediglich am zweiten Schritt der Privatisierung des bulgarischen Telekommunikationsunternehmen BTC beteiligt gewesen. Staatspräsident Rossen Plewneliew hat bisher auf eine Antwort verzichtet. (Markus Bernath, DER STANDARD, 5.4.2013)