Bild nicht mehr verfügbar.

Im Juli 2012 hat AnonAustria drei Gigabyte an Scientology-E-Mails veröffentlicht

Foto: Reuters

Am Donnerstag geht der Prozess zwischen Scientology und dem ehemaligen Scientologen Wilfried Handl in die nächste Runde. Gegenstand des Prozesses sind die von Anonymous Austria veröffentlichten E-Mails des österreichischen Ablegers von Scientology. Im Juni 2012 haben die Netzaktivisten tausende E-Mails der Sekte aus den Jahren 2010 und 2011 veröffentlicht. Handl hat die E-Mails in zensierter Form auf seinem Blog kritisch beleuchtet und wurde von Scientology mit einer Unterlassungserklärung konfrontiert. Handl sollte die veröffentlichten E-Mails von seinem Blog entfernen und auf weitere Veröffentlichungen verzichten, da ihm sonst 10.000 Euro Strafe "pro Gesetzesübertretung" drohen würden.

Vorwürfe

Wilfried Handl hat sich dieser Drohung nicht gebeugt und wurde von Scientology verklagt. Ihm wird vorgeworfen, gegen Paragrafen aus dem Strafgesetzbuch als auch gegen das Datenschutzgesetz verstoßen zu haben. Die anhängige einstweilige Verfügung wurde bereits im Juli von einem Gericht abgelehnt, im August entschied sich das Gericht auch in zweiter Instanz gegen die einstweilige Verfügung, die Handl an weiteren E-Mail-Postings hindern sollte. Die Sekte bezichtigt Handl weiters, als führende Position von Anonymous zu fungieren und illegale Aktionen durchzuführen.

Meinungsfreiheit

Am Donnerstag wird der Streit in einem Hauptverfahren fortgesetzt, bei dem es um einen Streitwert von 31.000 Euro geht. Handls Anwalt, Johannes Öhlböck, sieht schon allein im Streitwert einen Einschüchterungsversuch. Seiner Meinung nach könne dieser Wert maximal 8.720 Euro betragen. Er pochte zudem von Anfang an auf Meinungsfreiheit, Kommunikations- und Informationsfreiheit und betonte, dass es für die veröffentlichten E-Mails ein öffentliches Interesse gebe und Handl die E-Mails mit "journalistischer Sorgfalt kritisch kommentiert".

Strafrechtliche Ermittlungen eingestellt

Als ehemaliges Scientology-Mitglied sieht Handl in der Klage eine für Scientology typische Strategie. Wie im Morgenjournal von Ö1 berichtet, weist Scientology indes die Vorwürfe, die durch die E-Mails ans Tageslicht gekommen sind, entschieden zurück. Dabei wurde Scientology unter anderem bezichtigt, Patientendaten weitergegeben zu haben und Anbahnungsversuche bei der Exekutive vorgenommen zu haben. Abschrecken lässt sich Handl durch die Klage nicht. Er als auch sein Anwalt Öhlböck rechnen sich für einen positiven Ausgang gute Chancen aus, zumal strafrechtliche Ermittlungen gegen Handl völlig eingestellt wurden. Wann ein Urteil zu erwarten ist, ist allerdings noch nicht bekannt.

Scientology wird in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet, in Österreich gilt es als Verein, in den USA ist es eine steuerbefreite Religionsgemeinschaft. (iw, derStandard.at, 29.6.2012)