Das Gutachten, das Mikl-Leitner zur Kritik des Rechnungshofes in Auftrag gegeben hat, empörte den Grünen Pilz: "Sie beauftragt einen Berater, der erklärt, das ist alles nicht so schlimm!"

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Wien - Fragwürdige Beschaffungen ohne Ende, ein vernichtender Rechnungshofbericht für das Innenministerium - und was macht die Ressortchefin? Peter Pilz wachelt vorwurfsvoll mit einem Gutachten und empört sich über Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) auf der Regierungsbank: "Sie greift noch einmal ins Budget! Und beauftragt einen Berater, der erklärt, das ist alles nicht so schlimm!"

Mittwochmittag im Parlament: Die Opposition hat die Abgeordneten zu einer Sondersitzung zusammengetrommelt, weil die obersten Kontrollore der Republik die Abermillionen an Anschaffungen samt zweifelhafter Vergaben - großteils während der Ära von Günther Platter und Maria Fekter (ÖVP) - angeprangert haben. Im Detail summierten sich 2010 mehr als 15.000 Fälle auf 72 Millionen Euro. 2011 wurden sogar Dienstleistungen für 182,6 Millionen zugekauft. Ebenfalls peinlich: Auf Kritik stießen vor allem Direktvergaben sowie der häufige Einsatz von Christoph Ulmer, speziell beim Behördenfunkprojekt Tetron. Der Exkabinettschef von Ernst Strasser, danach bei der Agentur Headquarter, machte schon im U-Ausschuss von sich reden.

Grün glaubt an Netzwerk

Pilz vermutet hinter alledem ein schwarzes Netzwerk, das über Beraterverträge Steuergelder verteilt hat. Mit 63 dringlichen Anfragen will der Grüne Mikl-Leitner, nun im Amt, löchern.

Doch die Innenministerin hat sich gerüstet - und zwar mit einem Gutachten des Universitätsprofessors Josef Aicher. Mikl-Leitner hält den Abgeordneten sowie "den Zusehern vor den Fernsehgeräten" vor, dass der Wirtschaftsrechtler dem Rechnungshof "eine überspitzte Auslegung des Vergaberechts" attestiert. Danach rasselt sie in wenigen Minuten ihre Antworten herunter. Weder klärt Mikl-Leitner darüber auf, wer im Ressort für die jeweiligen Auftragsvergaben verantwortlich war, noch darüber, welche Qualifikationen diejenigen vorzuweisen hatten, die in den Genuss von Aufträgen kamen. Die Kurzversion ihres Beantwortungssprints: Jeder Vergabefall war "rechtlich zulässig und wirtschaftlich zweckmäßig", Kritik nur "vereinzelt" berechtigt.

Tumult im Saal. Grün, Blau, Orange sowie das Team Stronach fühlen sich durch das Schnellverfahren verhöhnt und fordern von Parlamentspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) für "diese Ungeheuerlichkeit" (FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache) und "die blanke Verhöhnung des Parlaments" (BZÖ-Chef Josef Bucher) eine Sitzungsunterbrechung samt Präsidiale. Prammer vertröstet sie auf die nächste routinemäßige Präsidiale.

Die Roten schicken an dem Tag Otto Pendl vor, den Pilz wegen des abgestoppten U-Ausschusses einmal als "Abrissbirne der SPÖ" beschimpft hat. Immerhin rügt der den Koalitionspartner für dessen Vergabepraxis: " Das hat nicht mehr stattzufinden!" Denn: "Solche Abläufe haben in einer modernen Demokratie nix verloren!" (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 4.4.2013)