Krems - Naturkatastrophen, Krieg, Verkehrsunfälle, sexuelle Übergriffe oder häusliche Gewalt stellen traumatische Erlebnisse für die Betroffenen dar. So vielfältig die in der Akutphase nach belastenden Ereignissen angewendeten Therapien sind, so gering ist die Evidenz für die einzelnen Behandlungsansätze. – Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie unter Beteiligung der Donau-Universität Krems, die nun im Fachmedium "American Journal of Preventive Medicine" veröffentlicht wurde.

Viele Personen leiden nach einem traumatischen Ereignis unter Symptomen wie emotionale Taubheit, sich aufdrängende Erinnerungen (Flashbacks) oder Schlafstörungen. Kriseninterventionen in der Akutphase nach belastenden Erlebnissen sollen das Auftreten solcher Posttraumatischer Belastungsstörungen reduzieren. Allerdings gibt es kaum wissenschaftliche Beweise für die Wirksamkeit der einzelnen Behandlungen.

Nur zwei evidenzbasierte Therapieformen

Von insgesamt 2.563 Studien erfüllten lediglich 19 die Einschlusskriterien und fanden Berücksichtigung in der Übersichtsarbeit. Die durchgeführte Meta-Analyse unter Mitwirkung von Forschern der Donau-Universität Krems belegt lediglich für zwei Therapieformen einen möglichen Nutzen. Die Kognitive Verhaltenstherapie ist demnach als Frühintervention bei Erwachsenen, die zumindest einem traumatischen Erlebnis ausgesetzt waren und die Diagnosekriterien für eine Akute Belastungsreaktion erfüllten, stärker wirksam als eine unterstützende Beratung (supportive counseling).

In einer der insgesamt 19 analysierten Studien zeigte außerdem die unterstützende Betreuung (collaborative care) mit evidenzbasierter pharmakologische Therapie und Komponenten der Kognitiven Verhaltenstherapie Erfolg versprechende Ergebnisse.

Mehr Forschung zu Kriseninterventionen gefordert

"Behandelnde Personen und Patienten müssen sich im Klaren darüber sein, dass die meisten derzeit zur Vorbeugung einer Posttraumatische Belastungsstörung eingesetzten Therapien nicht auf wissenschaftlicher Evidenz beruhen. Ohne verlässliche Studien besteht aber eine große Unsicherheit dahingehend, ob traumatisierte Personen auch tatsächlich die beste Behandlung erhalten", sagt Studien-Erstautor Gerald Gartlehner, Leiter des Departments für Evidenzbasierte Medizin und Klinische Epidemiologie der Donau-Universität Krems. Die Forscher appellieren daher an die Verantwortlichen aus Gesundheitswesen und Politik, die Forschungsarbeiten zu Kriseninterventionen voranzutreiben.

Kritiker solcher Meta-Analysen weisen immer wieder darauf hin, dass nicht immer ausreichend erkennbar ist, wie die Auswahl funktionierte. Viele medizinische Fragen lassen sich allerdings nicht im direkten Vergleich wissenschaftlich untersuchen. Im konkreten Fall müsste eine Untersuchung erfolgen, bei der Trauma-Belastete mit verschiedenen Methoden "vergleichsweise" behandelt werden, was aus ethischen Gründen aber nicht möglich sei. (red, derStandard.at, 3.4.2013)