Italo-Starhase: Giulio Coniglio.

Foto: Messe

Am meisten lesen diejenigen, die noch gar nicht lesen können. Zu dieser Erkenntnis kommt der italienische Verlegerverband (AIE) in einer anlässlich der 50. Kinderbuchmesse in Bologna präsentierten Studie über das italienische Kinderbuch im Jahr 2012. 63 Prozent der zwei- bis fünfjährigen Kinder lesen demnach regelmäßig Bücher (Lesen heißt in dieser Altersgruppe auch Durchblättern oder Ausmalen) - so viele wie in keinem Alter danach.

Dass das Interesse an Büchern ausgerechnet bei den Allerjüngsten am größten ist, ist ein Grund zur Hoffnung und Freude, es spiegelt andererseits die Lage auf dem Buchmarkt wider. Rund die Hälfte aller 2012 erschienenen Kinderbücher ist für Kleinkinder bis fünf Jahre konzipiert. Ein Rundgang durch die Ausstellungshallen in Bologna macht deutlich, dass das Angebot auch 2013 nicht geringer ausfallen dürfte.

Bologna ist der wichtigste Repräsentations- und Handelstreffpunkt der internationalen Kinderbuchbranche. 1200 Aussteller aus 70 Ländern verbucht die Messe in diesem Jubiläumsjahr, in dem Schweden als Gastland fast ein wenig untergeht, eine Reihe kommunaler und nationaler Veranstaltungen das italienische Lesepublikum aber ansprechen soll.

Von diesen Initiativen (etwa "Bookfaces", wo Kinder und Eltern mit berühmten Kinderbuchautoren zusammentreffen) merkt man auf dem spröden Bologneser Messegelände wenig. Der Fokus liegt hier eindeutig auf dem Handel. Bologna ist keine Unterhaltungsmesse, auf der sich Autoren in Szene setzen - schließlich fehlt das Publikum. Kinder werden ausdrücklich nicht in die Messehallen eingelassen.

Statt der Autoren rückt man in Bologna eher die gemalten und gezeichneten Helden der Kinderbuchwelt ins Licht. Auf großen Plakaten und in Form der unterschiedlichsten Accessoires und Gadgets begegnen einem Zeichentrickstars wie Kiriku aus Frankreich (Kiriku und die Zauberin) und Caillou aus Kanada oder der beliebteste italienische Bilderbuchhase Giulio Coniglio, der mit seiner Erfinderin Nicoletta Costa angereist war.

Bunter als bei anderen Buchmessen ist es in Bologna wegen des traditionellen Illustratoren-Schwerpunkts. Mit einer großen Ausstellung und Förderpreisen will man vor allem jüngere Künstler unterstützen. Sonst gibt es wenig Unterschiede zur Welt der Erwachsenenliteratur. Ebenso wie in Frankfurt haben auch in Bologna die neuen Medien ihren festen Platz eingenommen. Auch hier bangt und debattiert man über die Frage: Buch oder Tablet - oder beides? Beides, lautet zumindest vorerst die beruhigende Antwort für den Kinderbuchmarkt.

Für alle Sinne

Während das E-Book für Kinder vor allem mit spielerischen Programmen für Tablet-PCs stark an Bedeutung gewinnt, ist gleichzeitig die Produktion der Bücher angestiegen, vor allem im Segment für die Kleinkinder. Es scheint, als würden diese genauso gerne in Büchern blättern wie über Touchscreens streichen. Zumal die Bilderbücher für diese Zielgruppe mit ausgefallenen Formen, Farben und Materialien alle Sinne ansprechen. Und bei größeren Kindern, die schon selbst lesen, sind es vor allem die Helden aus Kinofilmen und TV-Serien, die auch in Buchform verschlungen werden und den Verlagshäusern Bestseller-Reihen verschaffen.

Um den Kinderbuchmarkt muss man sich, so viel steht fest, auch in allgemeinen Krisenzeiten verhältnismäßig wenig Sorgen machen. Trotzdem könnte man im nächsten Jahr in Bologna auch darüber diskutieren, wie man die 63 Prozent der Vorschulleser dazu bringt, mit dem Lesen nicht wieder aufzuhören - kaum dass sie es gelernt haben. (Isabella Pohl, DER STANDARD, 3.4.2013)