Der vorletzte Tag der Zeugenbefragungen im Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des Salzburger Finanzskandals hat am Mittwoch mit der nochmaligen Befragung von Harald K. - er ist seit Oktober 2012 Mitarbeiter der Finanzabteilung und kam von der Deutschen Bank - begonnen. K. wiederholte noch einmal, dass er im Herbst 2012 die damals neu aufgetauchten 253 Derivatgeschäfte aufgelöst bzw. in ein richtlinienkonformes Portfolio überführt hatte. Am Nachmittag fand ein emotionales "Kreuzverhör" der beiden Zeugen Monika Rathgeber und Eduard Paulus statt.

Sitzung des Finanzbeirates

Für Überraschung sorgten dabei seine Schilderungen über die Sitzung des Finanzbeirates am 23. Oktober 2012. Kurz davor waren nämlich die bis dahin nicht bekannten, teils hochriskanten Geschäfte des Landes aufgetaucht. Von diesen sei in der Sitzung des Beirates aber anfangs gar nicht gesprochen worden. Der Leiter der Finanzabteilung, Hofrat Eduard Paulus, habe erst nach der Erörterung des offiziellen Portfolios darüber berichtet. Die Mitglieder des Ausschusses seien geschockt gewesen, als sie davon erfahren haben, erinnerte sich Kutschera. Auf die Frage, weshalb ausgerechnet von dieser Sitzung kein Protokoll verfasst worden war, sagte er: Paulus habe dies so entschieden, weil man kein Protokoll über eine Sitzung anfertigen könne, in der ein offiziell gar nicht vorhandenes Portfolio besprochen werde.

Eindeutig verneint wurde von Kutschera die Frage, ob bereits im Oktober 2012 auch die nicht bekannten - über Kredite finanzierten - Wertpapiere in Milliardenhöhen bekannt geworden seien. "Definitiv nicht", sagte Kutschera, erst Mitte, Ende November hätte es erste Hinweise darauf gegeben.

Schattenportfolio doch mit Minus aufgelöst

Das Land Salzburg ist bei der Auflösung des sogenannten Schattenportfolios äußerst unprofessionell vorgegangen und hat - anders als bisher dargestellt - ein Minus eingefahren. Diese vernichtende Bilanz zog Univ.-Prof. Meinhard Lukas, der das Land bei der Aufarbeitung des Skandals als Experte unterstützt, am Mittwochvormittag bei seiner Befragung im U-Ausschuss. Er hat eine gutachterliche Stellungnahme zur Auflösung von rund 250 Derivatgeschäften verfasst, die sich in dem davor nicht öffentlich bekannten Portfolio befanden.

Bei der Auflösung der rund 250 Derivate erzielte das Land Salzburg im letzten Quartal 2012 Einnahmen von 550 Mio. Euro. Die Ausgaben dafür beliefen sich auf 600 Mio. Euro, berichtete Lukas. Daraus ergibt sich ein Minus von 50 Mio. Euro. Man müsse aber auch berücksichtigen, dass im Lauf der Zeit Einschüsse des Landes von 155 Mio. Euro geleistet wurden. Damit ergebe sich ein Saldo von 205 Mio. Euro, sagte Lukas. Eine endgültige Aussage über die Performance der Geschäfte lasse sich aber nicht treffen, dazu müsse man auch die Zinszahlungen berücksichtigen. "Meine Darstellung dient nur der Relativierung der Erlöse, sie ist aber nicht ausreichend, um die Performance abzubilden."

Einfachste Grundregeln der Sorgfalt vernachlässigt

Seine gutachterliche Stellungnahme sei "kein verlässliches Abbild der Wirklichkeit, aber die Bemühung, die Situation so gut wie möglich darzustellen", erläuterte Lukas. Keinen Zweifel ließ der Experte daran, dass das Land Salzburg im Herbst 2012 bei der Auflösung der Derivate die einfachsten Grundregeln der Sorgfalt vernachlässigt habe. Es habe keine valide Statusbewertung der Derivate und keine konkrete Abbaustrategie gegeben, kritisierte Lukas: "Das einzige Ziel war ein möglichst rascher Abbau." Außerdem seien Auflösungen ohne rechtliche Prüfung vorgenommen worden.

Derzeit würde jedes Einzelgeschäft vor der Auflösung von Experten bewertet, um einen fairen Auflösungspreis zu ermitteln. Dieser sei die Basis für die Verhandlungen mit den Banken. "All das ist im letzten Quartal 2012 nicht erfolgt", meinte Lukas. Der mit der Auflösung befasste Mitarbeiter Harald K. habe "nicht im Ansatz die Werkzeuge und die Infrastruktur dazu gehabt". So stand ihm nicht einmal ein einfacher Bloomberg-Zugang zur Verfügung. "Man lässt sich damit auf Preise ein, die die andere Seite mehr oder minder diktieren kann", erklärte Lukas.

Auf die Frage, ob "diese kritikwürdige Gestion" negative Folgen für das Land habe, könne man keine seriöse Antwort geben, meinte der Experte. Es sei nicht auszuschließen, dass bei einer professionelleren Vorgangsweise die Geschäfte nicht auch aufgelöst worden wären.

Unklarheiten

Es sei für ihn nicht nachvollziehbar, warum man am 15. Oktober ohne Statuserhebung, Bewertung und externe Unterstützung begonnen habe. Es sei ihm auch nicht klar, warum der Finanzbeirat bei der strategischen Ausrichtung des Abbaus nicht befasst worden sei. Selbst in der kurzen Zeit zwischen dem Beschluss am 15. Oktober und dem Beginn der tatsächlichen Auflösung Ende Oktober hätte eine erste Analyse mehr Klarheit gebracht.

Kritik an Dokumentation

Kritik äußerte Lukas auch an der Dokumentation. Das Nachvollziehen der Geschäfte mit Derivaten gleiche "einer Schnitzeljagd". Noch schlimmer sei es mit den Fremdwährungsgeschäften. "Die sind für mich nach wie vor eine Blackbox." Lukas äußerte auch den Verdacht, dass nachdem österreichische Banken 2010 bei Währungsspekulationen zurückhaltender wurden, mit Währungsgeschäften ins Ausland ausgewichen wurde. So verwies Lukas auf einen Swap bei der Royal Bank of Scotland. Dieser sei kein klassischer Swap, sondern diene offenbar dazu, Währungsspekulationen zu verbergen. Unter anderem wurde damit auf kasachische Tenge spekuliert. "Man muss schon die Frage stellen, warum verkauft eine Bank solche Produkte an das Land Salzburg", meinte Lukas.

Um "lupenreine Währungsspekulationen" handle es sich auch bei einer Vielzahl von Geschäften, die über Liechtenstein Global Trust (LGT) abgewickelt worden seien. Die Geschäftsbeziehung habe 2010 begonnen und nach dem Entzug der Vollmachten für Monika Rathgeber im Sommer 2012 geendet, berichtete Lukas. Die Bank hat vor kurzem den Geldwäscheverdacht erhoben. "Ich habe nicht den Eindruck, dass das von den österreichischen Behörden als heiße Spur gesehen wird", meinte der Jurist.

"Kreuzverhör"

Richtig eng ist es am Mittwochnachmittag im - bis auf den letzten Platz gefüllten - Ausschusszimmer des Salzburger Landtages geworden, als der Leiter der Landes-Finanzabteilung, Hofrat Eduard Paulus, und die entlassene Leiterin des Budgetreferates, Monika Rathgeber, zum "Kreuzverhör" vor dem Untersuchungsausschuss erschienen sind. Beide hatten sich zwar schon früher den Fragen der Abgeordneten gestellt, da ihre Aussagen aber teils sehr widersprüchlich ausfielen, wollte der Ausschuss beide noch einmal - zur selben Zeit - befragen.

Nach kurzem Streit um die Sitzplätze unter Zusehern und minutenlangem Posen der beiden Auskunftspersonen, bis alle Wünsche der Fotografen und Kameraleute erfüllt waren, startete Richter Anton Wagner kurz nach 13.00 Uhr die Befragung.

Monika Rathgeber blieb bei ihrer Aussage, dass Paulus im Wesentlichen von den angeblich geheimen Derivatgeschäften und auch Wertpapieren Bescheid wissen habe müssen. Depotauszüge mit Konten über 500 Millionen Euro seien über den Schreibtisch des Abteilungsleiters gelaufen. Auch bei der Aufnahme von Schulden bei Banken sei der Hofrat dabei gewesen, eine Bank habe täglich eine Bewertung der Veranlagungen und Derivate an Paulus geschickt.

Emotionale Reaktion

Sehr emotional reagierte dann Paulus, der weiterhin bestritt, von den Geschäften vor dem Herbst 2012 gewusst zu haben: "Ich müsste ja ein Volltrottel sein, wenn ich so was genehmigt und mich damit zum Komplizen gemacht hätte." Paulus legte dann dem Ausschuss auch ein Privatgutachten vor, demzufolge auch seine eigene Unterschrift gefälscht worden sein soll. Es handelt sich dabei um ein Schreiben an die Commerzbank aus dem Jahr 2011, mit dem weiterhin Geschäfte in allen exotischen Währungen erlaubt wurden. Er habe vielmehr schon zwei Jahre davor die klare Anweisung erteilt, dass nur mehr Positionen in Währungen der G7-Staaten und der Schweiz zulässig seien.

Ausschussvorsitzende Astrid Rössler (Grüne) wollte von Paulus wissen, warum er von einer Liste mit Derivaten des Schattenportfolios, die am 3. August per Mail verschickt wurde, keine Kenntnis gehabt habe. Es habe niemand die Liste mit dem Bericht des Riskmanagement der Deutschen Bank verglichen, meinte Paulus. "Deshalb ist niemanden aufgefallen, dass es da 253 Geschäfte gab, die nicht im Bericht enthalten waren." Es sei ja niemand auf die Idee gekommen, dass es da nicht bekannte Geschäfte gegeben habe. Er habe sich niemals mit Einzelgeschäften befasst, betonte Paulus wiederholt. (APA, 3.4.2013)