Seit 6. März ist der malische Journalist Bukary Ndau in Haft. Er veröffentlichte einen Offenen Brief in der Zeitung "Le Républicain", in dem ein Offizier der Armee Präsident Dioncunda Traoré aufforderte, Bonuszahlungen an den Putischisten Amandu Sanogo zurückzunehmen. Ndau ist "des Publizierens falscher Nachrichten" angeklagt, wie die Organisation Reporter Ohne Grenzen (ROG) berichtete. "Sobald es einen Konflikt gibt, sind die Journalisten die ersten Opfer", sagt Marie-Roger Biloa, Herausgeberin von Africa International und Präsidentin des Think Tank Millenium Club im Medienquartett auf Okto zu den aktuellen Ereignissen in Mali. Doch die Diskussion dreht sich nicht nur um "K-Themen" wie Krisen, sondern auch um das Image des Kontinents, dessen Zukunft und den Stellenwert des Internet. Die Fragen stellen Rubina Möhring, ROG-Präsidentin in Österreich und Bloggerin auf derStandard.at, Philosophin Herlinde Pauer-Studer und Thomas Seifert, stellvertretender Chefredakteur der "Wiener Zeitung".

Ausgangspunkt Mali

Wie steht es um die Meinungsvielfalt im umkämpften Mali? "Die Presse schreibt nur negativ über die Tuareg und ihre Partei MNLA. Es gibt also keine richtige Meinungsvielfalt was die Tuareg und ihre Ansprüche angeht", erklärt Biloa. Dann sind da noch die Differenzen von Sanogo mit der neuen Übergangsregierung. "Es gibt Journalisten, die entweder diese Übergangsregierung unterstützen oder nur den Sanogo", so Biloa. Die weit verbreitete Meinung: Über die Einheit Malis könne man nicht verhandeln.

Mehr Freiheit durch Internet

Biloa überrascht mit ihrer Einschätzung, welches das wichtigste Medium in Mali sei. Nicht Fernsehen, Radio oder Printmedien, "Internet ist sehr wichtig. Natürlich haben viele in Mali keine eigenen Computer. Aber es gibt Internetcafes, um Nachrichten zu schicken, Blogs zu schreiben oder zu twittern. Da kriegt man sehr viele Informationen."
Darunter Stimmen, die den Tuareg ein bisschen Freiheit zugestehen, die sie als Brüder bezeichnen, oder "lustige Sachen", wie die Tuareg sollen bleiben, "weil sie die beste Sauermilch machen", erzählt Biloa. Das Internet ermögliche Meinungsvielfalt, einen offenen Diskurs abseits der Analysen von Journalisten oder Politikern. "Das Internet trägt zu mehr Freiheit bei", sagt die Herausgeberin von Africa International.

Das mediale Theater

Warum wird über Afrika nur in Zusammenhang mit Krieg, Krisen, Katastrophen, Krankheit, Korruption, Kriminalität berichtet, fragt Möhring. Thomas Seifert, früher Außenpolitikredakteur, schildert die mediale Außensicht. "Im medialen Theater bekommt jeder eine Rolle. Die Rolle Afrikas ist die der tragischen Figur, die am Ende sterben muss." Aus dieser Rolle müsse sich der Kontinent befreien, wie einst Indien. Dort hätten Erfolgsgeschichten - Seifert nennt die Internetindustrie in Bangalore oder auch die Filmindustrie Bollywoods - geholfen, das Image des Landes zu ändern. "Wir brauchen afrikanische Erfolgsgeschichten und die sind halt nicht so leicht zu finden."

Das andere Afrika

Biloa sieht das anders: "Es passiert so viel. Jedes Mal wenn ich dort bin, komme ich zurück mit so viel Material." Themen wie Kultur und Design seien für internationale Medien oft nicht sichtbar, bedauert sie. Gerade hier brauche es afrikanische Medien, "die diese Geschichten finden, das kann nicht CNN machen", sagt Seifert. "Diese Sachen sind im Gange", hält Biloa entgegen und nennt als Beispiel den jungen Nachrichtensender Africa24.

Ist der technologische Wandel ein Hoffnungsfaktor, fragt Seifert. "Es gibt Sparten wie die digitale Industrie, die IT, wo die junge Generation ihre Chance ergreift", sagt Biloa. "Man redet von Silicon Valley in Kenia." Oder Nollywood, der Filmindustrie in Nigeria. "Wenn die Europäer nur das wahrnehmen wollen was ihrem Image von Afrika entspricht, dann ist es schade", sagt Biloa. Der Kontinent ist im Wandel. "Es gibt andere Akteure, die Afrika anders ansehen." (Sabine Bürger, derStandard.at, 2.4.2013)