Die ABC-Bewegung - Anything but Chardonnay - hat ganze Arbeit geleistet, seit der Begriff Mitte der 1990er geprägt wurde. Chardonnay war seit damals geächtet und, von klassischen Burgundern abgesehen, meist nur schwer zu verkaufen. Die Weinwelt war damals mit Chardonnay aller möglichen wie unmöglichen Art richtiggehend überschwemmt. Viele Dinge griffen dabei ineinander: Mit der Bestellung eines wohlklingenden "Schadonäääh" schien man noch vor 20 Jahren Stilbewusstsein beweisen zu können. Die Sorte tat dabei weniger zur Sache, Hauptsache er war trocken. Und Chardonnay stand für trockenen Weißwein schlechthin.
Dass die Rebsorte weitgehend problemlos in fast allen Gegenden gedeiht, egal ob warm oder kühl, trug dazu bei, dass sie überall ausgepflanzt wurde. Auch im Keller ist sie flexibel. Während zum Beispiel Riesling im Barriquefass ein ziemliches Geschmacksfiasko ergibt, zeigt Chardonnay Variationsfähigkeit. Im Stahltank rücken fruchtige Zitrusaromen in den Vordergrund, im stark getoasteten Barriquefass vinifiziert - und vielleicht noch aus einer warmen Gegend kommend - schmeckt er gern nach süßem Eiskaffee mit Röstaromen.
Wieder im Kommen
Dass bei so einigen der (teuersten) Weißweinikonen der Welt Chardonnay eine Hauptrolle spielt, schadete natürlich ebenso wenig: bei Chablis mit seiner ausgefeilten Mineralik, bei weißen Burgundern unnachahmlich komplex bei durchaus intensivem Holzeinsatz oder bei Champagner mit Pinot noir und Pinot Meunier als Partnern.
Während Weinfreunde bis vor wenigen Jahren daran erinnert werden mussten, dass es Chardonnay noch gibt, ist es heute manifest: Die Rebsorte ist wieder im Kommen. Auffallend viele Winzer, in- wie ausländische, erwähnen in Gesprächen, dass sich ein Revival abzeichne. In Österreich werden der Wiederbelebung gern noch die Worte "zart" oder "zaghaft" beigefügt, international spricht man bereits selbstbewusst von einem "definitiven Comeback". Jene, die sich jetzt schaudernd an die Vanillebomber früherer Jahre erinnern, dürfen beruhigt sein: Alle Beteiligten haben dazugelernt. Da heute Holzfässer generell bedächtiger eingesetzt werden als früher, sind die Zeiten der dramatischen Überholzung zum Glück passé. Und selbst wenn nicht aller Chardonnay Edel-Burgunder sein kann, erwartet uns doch viel Erfreuliches. (Luzia Schrampf, Rondo, DER STANDARD, 5.4.2013)