STANDARD: Die SPÖ hat im Sonderlandtag als Regierungspartner mit der Opposition und gegen den Koalitionspartner ÖVP für ein Rückübertragungsgesetz gestimmt, gemäß dem die Gemeinden jene Grundstücke und Wälder, die ihnen bis in die 50er-Jahre gehört haben, wiederbekommen. Wie finden die Genossen diese Emanzipation?

Reheis: Ich bekomme tolles Feedback. Es geht ja auch um jede Stimme. Ich will stärker werden und den starken zweiten Platz haben.

STANDARD: Heißt das, die Menschen finden es super, dass sich die SPÖ gegen die ÖVP stellt, oder wollen sie, dass die SPÖ wieder in eine Koalition geht?

Reheis: Ich bin nicht gegen eine Partei, sondern für die Sozialdemokratie. Wir wollen stärker werden: Nicht gegen eine Partei, auch nicht gegen die ÖVP, sondern für das Land. Ich möchte auch in Zukunft mitgestalten. Aber stärker in der Regierung vertreten sein.

STANDARD: Gibt es Lieblingskoalitionspartner unter den übrigen zehn Listen, die antreten?

Reheis: Nein. Es gibt nur den Wunsch nach einer stabilen, offenen und transparenten Arbeit in einer Regierung. Mit welchem Partner auch immer. Ausgenommen die Freiheitlichen - mit denen möchte ich keine Koalition.

STANDARD: Seit 2008 gibt es ein Urteil des Verfassungsgerichtshofes. Trotzdem scheinen betroffene Gemeinden nur sehr schwer Geld, das ihnen zusteht, von den Bauern und ihren Agrargemeinschaften zu bekommen. Ist ein Rückübertragungsgesetz Koalitionsbedingung?

Reheis: Ich habe für die SPÖ einen einstimmigen Parteitagsbeschluss, die Rückübertragung des Gemeindegutes auch umzusetzen. Ja, das wird eine Koalitionsbedingung sein. Das Ziel ist Rückübertragung des Gemeindegutes an die Gemeinden.

STANDARD: Wäre die SPÖ auch bei einer Koalition "alle gegen die ÖVP" dabei?

Reheis: Ich habe nichts gegen Buntheit in der politischen Landschaft, aber eine Zusammenarbeit muss auf Vertrauen aufgebaut sein, wie etwa jetzt in Kärnten. Die Politik braucht überhaupt mehr Vertrauen und nicht abgehobenes politisches Arbeiten. Es müssen aber Parteien zusammenarbeiten, die miteinander können. Nur aus Jux und Tollerei sagen, wir machen eine Koalition, die bunt ist, bringt nichts. Das Land braucht Stabilität.

STANDARD: Sind Sie enttäuscht über Hans Lindenberger, immerhin ehemaliger roter Landesrat, dass er jetzt bei "vorwärts Tirol", einer bürgerlichen Liste, als Spitzenkandidat auftritt?

Reheis: Nein. Menschen orientieren und entscheiden sich um. Lindenberger war zwar SPÖ-Landesrat, ist jetzt aber eben bei einer konservativ-bürgerlichen Liste.

STANDARD: Die Sozialdemokratie gilt in Tirol traditionell eher als schwach, als Beiwagerl der ÖVP. Wie versucht man als Roter, im schwarzen Tirol zu reüssieren?

Reheis: Tatsache ist, dass wir kleiner Regierungspartner waren. In der vergangenen Periode wurden klar sozialdemokratische Schwerpunkte gesetzt. Auch der Landeshauptmann präsentiert diese dann stolz: etwa Neuerungen im Bereich der Sozialleistungen, der Wohnbauförderung, der Mindestsicherung, des Strukturplans Pflege. Das sind durchwegs SPÖ-Ressorts, die sich für die Menschen einsetzen.

STANDARD: Landeshauptmann Günther Platter wird als schwach und unbeliebt beschrieben, stimmen Sie da zu?

Reheis: Ich werde an dieser Stelle nicht über andere Spitzenkandidaten sprechen. Wir schauen auf uns und die Menschen. Wir setzen uns für unsere Ziele ein. Für Mindestsicherung oder Wohnen. Und für bessere Kinderbetreuung. Beruf und Familie müssen vereinbar sein. Und ich will, dass Tirol Bildungsland Nummer eins wird.

STANDARD: Also keine Kritik an der ÖVP?

Reheis: Wir haben die letzten vier Jahre gut gearbeitet. Warum soll ich das jetzt schlechtmachen? Wir haben viel erreicht. Und zwar aufgrund der sozialdemokratischen Teilnahme an der Regierung. Ich sehe nicht ein, dass ich jetzt auf die ÖVP schimpfen soll. Ich will Gegenpol zur dunklen Seite der Macht sein. Es braucht mehr Buntheit und Modernität in Tirol. (Verena Langegger, DER STANDARD, 3.4.2013)