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Wien - Des Liftbetreibers Freud, des Bauarbeiters Leid. Der Wintereinbruch in weiten Teilen Österreichs sorgte im März zu einem dramatischen Anstieg der Arbeitslosigkeit in der Baubranche. Sie stieg im Vergleich zum März 2012 um 27,2 Prozent auf 44.520. Die tiefen Temperaturen sorgten vor allem im Osten und Süden dafür, dass im Tiefbau, Kanalbau und Straßenbau Stillstand herrschte.

Unabhängig von den schlechten Witterungsbedingungen im März ist man bei Gewerkschaft und Wirtschaftskammer aber der Meinung, dass die Winterarbeitslosigkeit in den Bauberufen niedriger sein könnte. Ein konkreter Vorschlag, der auf Sozialpartnerebene bereits akkordiert ist und noch vor dem Sommer beschlossen werden soll: Bevor Bauarbeiter Arbeitslosengeld beziehen können, sollen künftig verpflichtend alte Urlaubsansprüche aufgebraucht werden, erklärt Manfred Katzenschlager von der Bauinnung im Gespräch mit dem Standard. Wobei allerdings nicht der komplette Anspruch konsumiert werden muss, es gehe immer nur um jenen Teil, der im kommenden Jahr verfallen würde.

Zur Erklärung: Urlaubsansprüche können bis zu drei Jahre "mitgenommen" werden, dann verfallen sie. Laut WKO-Verhandler Katzenschlager gibt es viele Mitarbeiter, die 100 oder mehr Urlaubstage ansammeln. Im Gegensatz zu anderen Branchen müssen in der Bauwirtschaft offene Tage im Fall der Kündigung nicht ausbezahlt werden.

Die Folge des Vorschlags: Die Arbeitslosenzeiten würden kürzer ausfallen, was zu einer Entlastung des AMS führt. Laut Josef Muchitsch von der Bau-Holz-Gewerkschaft hätten aber auch die Arbeiter einen konkreten Vorteil: Sie sammeln bessere Beitragsmonate für die Pensionsversicherung, das Arbeitslosengeld ist schließlich deutlich niedriger als das letzte Grundgehalt.

Bessere Planung

Laut Muchitsch könnte aber auch die öffentliche Hand für eine Senkung der Arbeitslosenzahlen sorgen. Durch eine bessere Planung von öffentlichen Aufträgen könnten gewisse Bautätigkeiten, etwa im Innenbau, in die Wintermonate verlegt werden. Straßenbauten würden wiederum oft erst im Mai beginnen, obwohl sie im April auch schon starten könnten, kritisiert Muchitsch.

Österreichweit waren im März 366.277 Menschen auf Jobsuche, was einem Anstieg um 10,3 Prozent entspricht. Besonders schlecht war die Lage in Kärnten (plus 18,1 Prozent) und Oberösterreich (plus 16,6 Prozent). Der Leitende Sekretär im ÖGB, Bernhard Achitz, erneuerte deshalb seine Forderung nach einem Zuschlag von einem Euro pro geleisteter Überstunde. Ohne Überstunden könnten 180.000 Vollzeitarbeitsplätze geschaffen werden, meint er. Die Industriellenvereinigung warnt: Die ÖGB-Forderungen würden Arbeitsplätze gefährden und "widersprechen wirtschaftspolitischen Realitäten".

Auch europaweit ist keine Entspannung zu beobachten. Laut dem EU-Statistikamt Eurostat waren im den 17 Euroländern im Februar (aktuellere Daten gibt es nicht) 19 Millionen Männer und Frauen arbeitslos, um 1,78 Millionen mehr als im Februar 2012. In der gesamten EU befanden sich sogar 26,34 Millionen Menschen auf Jobsuche, was einen Anstieg um 1,81 Millionen bedeutet. Den höchsten Anstieg verzeichnet nach Griechenland das neue EU-Sorgenkind Zypern. Hier stieg die Arbeitslosenquote von 10,2 auf 14 Prozent an. (Günther Oswald, DER STANDARD, 3.4.2013)