Die Leidtragenden sind in erster Linie die Studierenden, sagt Stefan Schön.

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Stefan Schön ist Pianist und Jurist.

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In Wahrheit war nicht viel übrig geblieben von der Autonomie der Universitäten, nachdem das Universitätsgesetz 2002 vor etwa zehn Jahren in Kraft trat. Nüchtern betrachtet wichen die Mitbestimmung der Hierarchie, das kollegiale Prinzip der Monokratie und der wissenschaftlich/künstlerische Forscherdrang dem ökonomischen Diktat. Selbst die Freude über die Budgethoheit hat sich nach den Erfahrungen mit den bisherigen Leistungsvereinbarungszyklen merklich relativiert.

Bisher kaum Kritik am Instanzenzug

Mit dem Studienrecht hingegen blieb den Universitäten bislang immerhin ein gewisser originärer Gestaltungsspielraum und als letztes Relikt der zum Schreckgespenst avancierten paritätischen Partizipationsstruktur sogar ein Instanzenzug, nämlich jener von dem in studienrechtlichen Angelegenheiten zuständigen "monokratischen Organ" (sic!) zum Senat der Universität. Dass es an diesem Zuständigkeitssytem samt Rechtsschutzeinrichtung kaum je Kritik gab, sollte tendenziell für die Beibehaltung dieses Modells sprechen.

Instanzenzug soll nun beseitigt werden

Umso erstaunlicher daher, dass mit der seit Jahrzehnten verschleppten Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform eher versehentlich als beabsichtigt dieser inneruniversitäre Instanzenzug nun beseitigt werden soll. Mag sein, dass der Gesetzgeber den großen Wurf knapp vor dem Ziel nicht mehr mit Ausnahmen ins Wanken bringen möchte. Aber man könnte doch meinen, dass sich die Akteure um eine sachgerechte Lösung bemühen. Okay, das ist naiv.

Studierende sind betroffen

Man könnte aber wenigstens meinen, dass die Verantwortlichen der Universitäten in Verteidigung des autonomen Gestaltungsspielraums um "ihr Recht" kämpfen. Außer den Studierenden, die von der zukünftig erschwerten Rechtsdurchsetzung alleine durch die zu erwartenden Kosten am meisten betroffen sein werden, tut das aber niemand so wirklich. Stattdessen zeichnet sich eine Art Kompromiss ab, mit welchem die Senate auf eine höchst merkwürdig geregelte Gutachterrolle reduziert werden. Sie verlieren damit eine wichtige Entscheidungsbefugnis und die Universitäten ein wesentliches Element autonomen Handelns.

Prinzipien werden geopfert

Überhaupt scheint in Mode zu kommen, Prinzipien, um die man noch vor einigen Jahren gemeinsam gerungen hat, der tagesuniversitätspolitischen Beliebigkeit zu opfern: Zurzeit wird für eine angemessene Indexsteigerung der Kollektivvertragsgehälter der Universitätsbediensteten verhandelt. 

Abgesehen davon, dass es für die Betroffenen am Ende des Vierteljahres eine Zumutung darstellt, wenn sich noch immer keine Einigkeit am Horizont abzeichnet, ist es doch sonderbar, dass die im Dachverband der Universitäten zusammengefasste Arbeitgeberseite ihre restriktive Haltung damit begründet, dass das Ministerium eine kalkulatorische Indexanpassung der Gehälter für 2013 strikt abgelehnt hat. 

Novelle verschlafen?

Die Rektorinnen und Rektoren als Befehlsempfänger des Ministers, des im Hintergrund agierenden Arbeitgebers des Universitätspersonals? Haben wir eine Novelle mit der Abschaffung der im Verfassungsrang verankerten Universitätsautonomie verschlafen?

Was tatsächlich gerade verschlafen wird, ist die Gelegenheit zur Forderung nach echter universitärer Autonomie - gerade jetzt, wenn nämlich im Zuge der Verwaltungsreform auf die Besonderheiten von Selbstverwaltungskörpern Rücksicht genommen wird bzw. genommen werden könnte. Es bedürfte keiner juristischen Kunstgriffe, um die in der österreichischen Verfassung auf die Gemeinden zugeschnittenen Bestimmungen über einen eigenen Wirkungsbereich für die Universitäten zu adaptieren, allein der politische Wille dazu fehlt. Und darüber sollte man einmal ernsthaft diskutieren! (Stefan Schön, derStandard.at, 2.4.2013)