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Aktivisten machen vor einem Apple-Shop in Hongkong auf die Arbeitsbedingungen in den Zulieferfirmen des Technologiekonzerns aufmerksam.

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Proteste gegen Apple in Hongkong 2008.

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Wien - Apple steht für Innovation. Für Produkte, die die Anwendung von Computern und Mobiltelefonen grundlegend verändert haben. Dafür lieben Technikfans das Unternehmen. Apple steht aber auch für Produktionsskandale bei chinesischen Zulieferunternehmen. Allein im Vorjahr starben bei Explosionen in ihren Fabriken (ausgelöst durch den Aluminiumstaub, der beim Polieren von iPad-Gehäusen entsteht) vier Menschen, mehr als 70 wurden verletzt. Beim Zulieferer Foxconn gab es zwischen 2009 und 2010 mehr als ein Dutzend Selbstmorde - Arbeiter hatten zuvor mehrmals über die schlechten Arbeitsbedingungen geklagt.

Spätestens seit diesen Meldungen ist Apple umstritten. Die Aktie befindet sich dennoch im Portfolio des Ethik-Fonds "Prime Values Growth" von Hauck & Aufhäuser - einem der ältesten Ethik-Fonds am Markt. Wie sich das ausgeht? Knapp und kontroversiell - wie die vergangene Sitzung des Ethik-Beirats gezeigt hat, bei der der Standard Gast war.

Hitzige Debatten ...

Um Firmen zu beurteilen, werden verschiedene Unternehmensbereiche einzeln besprochen und Punkte vergeben. Mindestens 50 von 100 Punkten müssen erreicht werden, damit ein Unternehmen als "vertretbar" gilt. Je mehr Punkte, desto besser die Bewertung hin zu "ethisch hochwertig".

Bei Apple fiel diese Bewertung in früheren Sitzungen schon denkbar knapp aus. Und auch in dieser Sitzung klingt eines durch: Ganz sicher ist sich niemand.

Dem Technologiekonzern wird zugutegehalten, dass er auf die Vorwürfe bezüglich der Arbeitsbedingungen reagiert hat. Die Zahl der Kontrollen bei Lieferanten wurde um mehr als 70 Prozent auf 393 erhöht, wie Apple in seinen Berichten festhält. Ausgeschildert wird etwa, dass bei einer dieser Kontrollen bei einem chinesischen Teile-Produzenten 74 Arbeiter im Alter unter 16 Jahren entdeckt wurden. Apple habe die Zusammenarbeit mit der Firma daraufhin beendet und die Behörden informiert, heißt es.

"Das ist positiv zu bewerten", sagt Peter Ulrich, Professor für Wirtschaftsethik und Leiter des Fonds-Beirats. "Apple agiert aber nicht proaktiv, sondern reagiert hauptsächlich auf die Vorwürfe", schränkt er ein. Er vermisst ausformulierte Zielsetzungen des Unternehmens. "Das Zeichen, das Apple bei Firmen wie Foxconn setzen könnte, wäre enorm", sagt Ulrich. Apple könnte damit "enorme Verantwortung" beweisen und neue Maßstäbe setzen. "Das Unternehmen hat außer bei den Produktinnovationen kein Konzept", wirft Gabriela Wülser, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Umweltentscheidungen am ETH Zürich, ein.

Die Konzernzentrale in den USA gilt hingegen als fast vorbildlich. Umweltrichtlinien würden eingehalten, auf erneuerbare Energie geachtet. Bezüglich der CO2-Emissionen macht der eigene Standort aber nur zwei Prozent der gesamten Belastung aus. Wie ist das zu werten? Und ist es wirklich begrüßenswert, "dass Kinder vor einem Aquarium stehen und über die Oberfläche 'wischen', um das Bild zu verändern - so, wie sie es auf Apples-Touch-Applikationen gelernt haben?", fragt die Ärztin Tanja Krones, die im Bereich klinischer Ethik aktiv ist und Mitglied der Ethikkommission der deutschen Bundesärztekammer.

Dann ist da noch der Rohstoff-Aspekt. Die Entsorgung von technischen Geräten gilt als problematisch, der Einsatz von Seltenen Erden erfolgt durch rasche Produktzyklen nicht schonend - nächstes Minus. Mit 53 Punkten gilt Apple nur knapp als "vertretbar".

In den vier Jahren, die Krones im Ethik-Beirat sitzt, habe sie aber gesehen, dass "Unternehmen schon gelernt haben, gesellschaftliche Verantwortung zu leben", sagt sie nach der Sitzung.

Bei Fragen konfrontiert das Gremium immer die Unternehmen direkt. Offen bleibt an diesem Tag die Entscheidung über Andritz. Ob die Komponenten des Maschinenbauers in Atomkraftwerken eingesetzt werden, muss geklärt werden - das würde zum sofortigen Ausschluss führen.

Klar ausgeschlossen hat der Ethik-Beirat, der aus Theologen, Ethik-Fachleuten und Wissenschaftern besteht, in dieser Sitzung MAN, obwohl das Unternehmen in seiner Geschäftspolitik soziale und ökologische Aspekte berücksichtigt. Zum Verhängnis wird dem Industriekonzern aber seine 49-prozentige Beteiligung an der Rheinmetall MAN Military Vehicles GmbH, die militärische Radfahrzeuge herstellt. Waffenproduktion und -handel führt strikt zum Ausschluss.

... Überraschung inklusive

Überzeugen konnte hingegen die spanische Caixa Bank. Trotz Finanzkrise verfolgt das Haus eine solide Geschäftspolitik, wie der Beirat überrascht festhält. Das Angebot der 2011 neu strukturierten Bank zeichne sich durch soziale und gesellschaftliche Verpflichtung aus. Auch in ökologischer Hinsicht habe die Bank zu höchsten Branchenstandards aufgeschlossen und befinde sich damit auf dem Weg zu einem ernsthaft nachhaltigen Finanzdienstleister. Bis zur nächsten Sitzung des Beirats in einem halben Jahr gilt die Bank damit als "investierbar". (Bettina Pfluger, DER STANDARD, 30.3.2013)