Wenn Sie noch Fotos brauchen, ich kann Ihnen gerne welche schicken: Konstantin Filippou wirkte zum Abschied freundlich besorgt. Gut, der Mann weiß, wie ich seine Kunst mit meinem Smartphone aus Shenzen verhunzen kann. Seit Oktober 2010, als mir der Florian Holzer riet, die Vegetarierin doch zum Geburtstag ins Novelli auszuführen. Filippou könne das. Wirklich. Und wie er das konnte, das lasen Schmecks-Userinnen und User damals. Aber sie sahen eben auch, was mein damaliges iPhone mit auch optischem Genuss anzurichten vermag.

"Die Vegetarierin?", fragt mich Manuela Filippou, als ich sie vorige Woche um Platz für zwei im Konstantin Filippou ersuche. Nein, tempi passati. Die wundervolle Frau an meiner Seite reagiert, zugegeben ein bisschen ungewohnt, praktisch auf nichts richtig allergisch und isst fast alles. Und was doch nicht, übernehme gerne ich. Sehr gerne. 

Mit dieser Versicherung lässt sie sich zu meinem Glück auch von einem Sechsgänger überzeugen (75 beziehungsweise 68 Euro) - einmal sechs und einmal vier pro Tisch gehen leider nicht, sagt man mir.

Ich gebe zu: Selten war meine Vorfreude auf ein neues Lokal so groß. Mit der Erinnerung an 2010 im Hinterkopf, mit Cortis Hymne zum Start 2013 noch im Scheitellappen, die von unüblichem Mut und vibrierendem Glück kündete. Da darf man schon gespannt sein. Und in der Tat: Selten verlor meine von einer Profikritikerhymne befeuerte Vorfreude so angenehm das Vor im Laufe eines Abends, auf dass reine Freude blieb.

Das schien auch Wirten und Journalistinnen so zu gehen, die das Lokal auf den ersten Metern frequentierten, auch der eine oder andere An- oder Abfütterungsverdacht keimte schon in den schlicht schönen Räumlichkeiten.

Die Userinnen und User und vor allem die Filippous mögen mir verzeihen - ich greife doch auf meine Bilder zurück. Immerhin diesmal nicht mit dem Taschentelefon, kann ich zu meiner Verteidigung anführen.

Von einem Tempel für Filippou schrieb Kollege Corti, das Podium im Lokal überließ der Meister an diesem Abend den werten Mitarbeitern - eine große steinerne Anrichte mit einer Art Chefs Table - und etwas niedrig für diesen groß gewachsenen Herren in der Filippou-Uniform mit - sic - schwarzen Latexhandschuhen.

Konstantin Filippou
Zweimal sechs Gänge mit Apero, Wein, Wasser, Kaffee: 241 Euro.

 

Foto: Harald Fidler

Damit fängt es an, wobei dieser schöne Erdäpfel zwischen einer sehr ernst zu nehmenden Stockfischbrandade und ein wenig Forelle auf knusprigem gefaltetem Fladenbrot zu stehen kommt.

Foto: Harald Fidler

Eine der schönsten Nebensachen der Welt, jedenfalls hier: malziges Brot, hausgemacht. Wunderbar, fand ich.

Foto: Harald Fidler

Hände kommt noch häufiger ins Bild an diesem Abend: Hier gießt sie Erbse über Entenleberparfait mit (übrigens wunderbarer) Zunge, Birne durfte auch noch mitspielen.

Foto: Harald Fidler

Mein Glück: Auster mit Gurke und Röstreis. Das Vor an der Freude ist spätestens hier verschwunden - wobei: Noch kann ich mich auf fünf weitere Gänge freuen.

 

Foto: Harald Fidler

Und auf den Teil gleich nebenan, schließlich kommt ein Gang hier selten allein, zwei Teller variieren das Thema, ergänzen einander, kontrastieren. Hier spielt neben der Auster die Forelle eine tragende Rolle.

Foto: Harald Fidler

Rohe Ostern: Bonito mit Kohlrabi, gleich nebenan ...

Foto: Harald Fidler

... ergießt sich wunderbar dezente Erdnuss über seinen Artgenossen. Rich, wunderbar - und aus Kapazitätsgründen wandert diese Schale in meine Richtung. Zum Glück.

Foto: Harald Fidler

Ich freute mich da gerade über einen vegetarischen Gang: Artischocke und Kerbelknolle, hier in der deutlich reichhaltigeren Version mit Buttermilchcreme und Reibkäse. Eine cremige Wucht.

Foto: Harald Fidler

Und dennoch stand mir altem Schwammerl die Pilzversion der Artischocke näher, mit Fonds und rohen Scheiben vom Champignon, wenn ich das richtig behalten habe.

Foto: Harald Fidler

Hier biegt die sonst kaum zu Erschütternde lieber ab, und ich will ihr aus egoistischen Motiven nicht widersprechen: Schnecken mit Mark, roter Rübe und Liebstöckl. Nur herbei!

Foto: Harald Fidler

Hier drücken sich die krossen Weichtiere in einer Brotcreme völlig zu Unrecht an den Tellerrand. Wie kann man die nur abgeben?

Foto: Harald Fidler

Wobei: Vom Schweinebauch mit Aal und den schönsten Erscheinungsformen des Zwiebels trennte ich mich durchaus nicht leichten Herzens - und mich einfacheres Gemüt störte auch der Eidotter an seiner Seite ganz und gar nicht.

Foto: Harald Fidler

Hier wartet Käse unter schlüssig schönen Cloches (Sagt man eigentlich auch in diesem Fall so? - Wobei, man sagt ja auch Käseglocke). Im Hintergrund übrigens der Weinbegleiter. Von dem kann man sich getrost überraschen lassen.

Foto: Harald Fidler

Da waren doch mehr Tauschgeschäfte mit der Dame an meiner Seite, fällt mir im Rückblick auf. - Aber so lange ich von allem zu kosten bekomme, bin ich da ja sehr flexibel: pochierte Makrele mit Kren, Topinambur, Navette, Dillöl wanderte auf meine Seite - die beste Makrele meines Lebens, jedenfalls nach meiner Erinnerung.

Foto: Harald Fidler

Die Wunderbare nebenan zog den herrlich festen Stör mit Spitzpaprika und Kalbskopf vor - ich ließ ihn nicht gerne ziehen. Aber ich kann ja nicht beide Menüs komplett verputzen - das könnte die Frau an meiner Seite doch etwas unhöflich finden.

Foto: Harald Fidler

Hier bahnt sich ein wunderbares Wiedersehen an: Neben diesen schon alleine hinreißenden Ravioli mit Entenlebercreme und Sherry ...

Foto: Harald Fidler

... wartet schließlich diese Taubenbrust, die mich so ähnlich schon im Novelli völlig hinriß. Mit confiertem Taubenbein, hier etwa mit Quitte. Wow.

Foto: Harald Fidler

Keine Showbühne, aber stets präsent: Herr Filippou am Werk.

Foto: Harald Fidler

Bei aller Rücksicht auf die süßen Wuscheltiere: Bevor sie zur Taube greift, nimmt sie doch lieber das Lamm, auf zwei Tellern begleitet von wunderzartem Kohl, Schwarzwurzel, Olivenkrokant, Ziegenkäse, Bries (das dann doch mir blieb), Wachholder und Dörrzwetschke. Und sie räumt rasch ein, dass das definitiv kein Fehler war. Außer natürlich für das Lamm.

Foto: Harald Fidler

Rhabarber, erfrischend säuerlich, und Stroh-Eis - ein Dessert, so gar nicht unangenehm süß, das wandert schnell herüber zu mir.

Foto: Harald Fidler

Wobei diese Variation des Themas Milchreis an der Seite des Rhabarbers alle Säure neutralisiert - honigsüß, wuchtig.

Foto: Harald Fidler

Salzmandeleis, das musste ich als Süßverweigerer probieren. Die flaumige und die fruchtige Abwandlung von Mandel und Traube freute dafür die Süße an meiner Seite. Das nenne ich Arbeitsteilung.

Foto: Harald Fidler

Ein sehnsüchtiger Blick noch in die Küche, mit scharfem Räuchergerät. Vielleicht hätt ich ja doch auf Filippous Fotos zurückgreifen sollen... (Harald Fidler, derStandard.at, 2.4.2013)

 

Foto: Harald Fidler