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Vorschusslorbeeren für die Mitte April eröffnende Oper in Linz: Großes Lob gibt es für die Akustik im Großen Saal.

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63 Prozent der Oberösterreicher sind stolz auf das neue Haus.

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Entstanden ist nicht der von manchen befürchtete Betonbunker, sondern ein lichter Bau. Jetzt hofft die Stadt auf weitere städtebauliche Impulse.

Linz - Es war ein unvergleichlich kurioser Akt oberösterreichischer Kulturgeschichte: die Entstehung des neuen, 1700 Besucher fassenden Musiktheaters in Linz. Jahrelange politische Querelen, eine Volksbefragung, eine mühsame Standortsuche und Architektenprobleme waren die Begleitmusik. Wenn sich am 11. April zum ersten Mal der Vorhang in dem neuen Haus hebt, wird dieses Trauerspiel endlich beendet sein, gedauert hat es 35 Jahre.

Vier Tage lang wird feierlich die Eröffnung zelebriert. Der Höhepunkt: die Auftragsoper von Philip Glass nach dem gleichnamigen Stück Spuren der Verirrten von Peter Handke, inszeniert vom Bregenzer Festspielintendanten David Pountney. Der Linzer Musiktheaterchef Rainer Mennicken schrieb das Libretto.

Am südlichen Ende der Linzer Innenstadt, auf der sogenannten Blumau, steht das neue Opernhaus nach den Plänen des Londoner Architekten Terry Pawson: "Kein Klotz mit Rosthülle", wie Landeshauptmann Josef Pühringer befürchtete, sondern eine lichte Hülle mit Rastern aus hellem Sichtbeton und Kalkstein, gewaschen, sandgestrahlt und poliert. Pawsons ursprünglicher Entwurf einer dunklen Fassade mit rostigem Stahl stieß nicht nur beim Bauherrn, dem Land Oberösterreich, auf Ablehnung. Die Idee fiel auch beim Gestaltungsbeirat der Stadt Linz durch.

Inzwischen spricht Pühringer nur noch von einem "Jahrhundertbau"; dass das Haus ausgerechnet an jenem Ort entstanden ist, an dem auch Hitler eine Oper bauen lassen wollte, nimmt er gelassen: "Ein Theater als Ort der Toleranz, der Freiheit und der Freude kann heute durchaus als historische Antwort auf die damaligen Pläne gesehen werden."

Städtebaulicher Glückstreffer

Die Stadt Linz bezeichnet das Haus auf der Blumau gar als "Glückstreffer" . "Städtebaulich aktivierend und für die Stadtentwicklung Impulse setzend", sagt Planungsstadtrat Klaus Luger (SPÖ). Die Geschäftsleute der Innenstadt sprechen von einem "Geschenk", jetzt erhalte Österreichs Einkaufsstraße Nummer zwei, die Linzer Landstraße, einen "würdigen Endpunkt". Mit der Konsequenz, dass sich der heruntergekommene Südteil der Landstraße herauszuputzen beginnt.

Das schlägt sich bereits in den Immobilienpreisen nieder. Mit einer Preissteigerung von mindestens fünf Prozent rechnen die Makler. 3600 Euro kostet der Quadratmeter in einer neu errichteten Stadtwohnung mit Blick auf die Oper.

Die Suche nach dem "richtigen" Standort hatte den aus künstlerischer Sicht mehr als notwendigen Neubau um Jahrzehnte hinausgezögert. Bereits 1977 hatte Landeshauptmann Josef Ratzenböck erstmals die Idee für ein neues Haus präsentiert. Aber erst 1992 kam es zu einem einstimmigen Ja im Landtag. Zwei Jahre später schien der Neubau in greifbarer Nähe, das Projekt "Theater im (Schloss-)Berg" wurde vorgestellt. Die Arbeiten waren bereits angelaufen, als die Verantwortlichen der Landespolitik ein blaues Wunder erlebten: Eine Volksbefragung der FPÖ brachte das Theaterprojekt im Berg zu Fall. Knapp 60 Prozent stimmten gegen den Bau, 18 Millionen Euro Vorbereitungskosten waren damit die Donau hinabgeflossen.

Es folgten Jahre des politischen Hickhacks: Urfahraner Jahrmarktgelände, Donaupark zwischen Lentos und Brucknerhaus, Hessenplatz oder Blumau - zwischen den Landtagsparteien schien keine Einigung über den Standort in Sicht. 2004 einigten sich dann ÖVP, SPÖ und Grüne, 2006 gewann Pawson den Architektenwettbewerb für das Haus auf der Blumau.

Kein blauer "Jubelchor"

Pühringer stand die Erleichterung ins Gesicht geschrieben, als er am 15. April 2009 zum Spaten griff: "Eine lange Geschichte geht zu Ende." Fast auf den Tag genau vier Jahre später wird Bundespräsident Heinz Fischer das neue Musiktheater eröffnen. Nicht mit dabei: die oberösterreichische FPÖ. Man stimme nicht in Pühringers "Jubelchor" über das 180 Millionen Euro teure Projekt ein, erklärt deren Chef Manfred Haimbuchner. Der durch "geschönte Umfragen behauptete Zuspruch hebt die Tatsache nicht auf, dass dieser Prunkbau gegen den Willen der Bevölkerung gebaut wurde" , erinnert er an die Volksbefragung.

Im Februar hatte das Meinungsforschungsinstitut Imas erhoben, dass 63 Prozent der Oberösterreicher stolz auf das neue Haus sind: Vor allem Frauen, Gebildete und Linzer zeigten sich begeistert. (Kerstin Scheller, DER STANDARD, 30./31.3./1.4.2013)