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Vizepremier Aleksandar Vučić ist die wahre Macht in Belgrad.

Foto: APA/EPA/Suki

Als ein Triumvirat stellte sich Serbiens Premier Ivica Dačić seine Herrschaft vor: Präsident Tomislav Nikolić würde Serbien nach außen vertreten; der junge Vizepremier und Verteidigungsminister Aleksandar Vučić sollte Diebe jagen - und er, Dačić, würde regieren. Nur acht Monate später gibt es nur noch einen Cäsar: Vučić (43), den serbischen Eliot Ness, der sich die Geheimdienste unterworfen hat und Herr über die Geheimnisse seiner politischen Feinde geworden ist.

Präsident Nikolić gab zu Amtsbeginn die Führung der Serbischen Fortschrittspartei (SNS) an Vučić ab. Und dieser rechnete mit Dačić nach einem Streit über den neuen Polizeidirektor dermaßen brutal ab, dass Vučićs Gegnern die Knie weich geworden sind. In Serbien ist kaum ein Politiker, kaum ein Geschäftsmann ganz sauber. Geld kriminellen Ursprungs ist längst mit legalem Kapital vermischt, auf dubiose Geschäfte stößt man überall. Und Vučić entscheidet mit seinem Wissen über die anderen, wann und welche Affären auffliegen, ob und wann Neuwahlen ausgeschrieben werden.

Der diplomierte Jurist spricht immer betont langsam und leise. Sein stets todernster Blick wirkt oft bedrohlich. Als ob er es sofort mit allem und jedem aufnehmen würde - so wie der einstige Raufbold, der es nun gelernt hat, sich zu beherrschen. Er gibt sich als jemand aus, der für den kleinen Mann gegen die Tycoons und Politiker kämpft und dabei sein Leben und die Sicherheit seiner Frau und seiner zwei Kinder riskiert.

Vučić ist mit Abstand der populärste Politiker in Serbien. Er genießt den Jubel des Volkes, wenn er - so wie Ness im Chicago der 1930er-Jahre - die Unantastbaren hinter Gitter bringt. Und Brüssel lobt seine "besondere und proaktive" Rolle im Kampf gegen die Korruption.

Noch vor wenigen Jahren war Vučić ein Ultranationalist, der von Großserbien schwärmte, den Westen als Feind brandmarkte und serbische Kriegsverbrecher verehrte. Er wollte sogar, dass ein Boulevard in Belgrad den Namen von General Ratko Mladić trägt, dem vor dem UN-Tribunal der Prozess gemacht wird.

Als ob er erleuchtet worden wäre, wandelte er sich über Nacht in einen prowestlichen Politiker, als sich Nikolić von der ultranationalistischen Serbischen Radikalen Partei (SRS) löste und 2008 die proeuropäische SNS gründete. Heute umgibt Vučić geradezu ein Heiligenschein, er gilt als mächtigster Politiker seit Slobodan Milošević. (Andrej Ivanji, DER STANDARD, 29.3.2013)