In Kärnten ist die Wende vollzogen. Der neue Landtag hat sich konstituiert, die neue Landesregierung ist angelobt. Kärnten hat mit Peter Kaiser erstmals seit 24 Jahren wieder einen sozialdemokratischen Landeshauptmann. Damit startet ein neues "historisches" Experiment in der leid- und wechselvollen Geschichte des Landes. Erstmals sitzen mit SPÖ, ÖVP, Grünen, FPK, Team Stronach und BZÖ sechs Parteien im Landtag. Und erstmals - auch österreichweit - wird ein Bundesland von einer rot-schwarz-grünen Dreierkoalition regiert.

Die Kärntner Wähler haben damit am 3. März 2013 den größten politischen Umbruch seit 1989 eingeleitet. Damals verlor die allgegenwärtige SPÖ ihre absolute Mehrheit, die ÖVP öffnete dem blauen Hoffnungsträger Jörg Haider das Tor zur Macht und machte ihn zum Landeshauptmann. "Am Kärntner Wesen soll diese Republik genesen", sagte Haider auch dem Bund von Kärnten aus den Kampf an und entwarf seine Vision einer Dritten Republik. Viele - auch Sozialdemokraten - sollten nachhaltig von Haiders Brachialpopulismus geblendet werden.

Haiders blaues Experiment - von seinen Erben übernommen und bis zum Exzess getrieben - hat sich von selbst gerichtet. Kärnten wurde von einem beispiellosen Korruptionsfilz überzogen, statt der versprochenen Abschaffung der roten Parteibuchwirtschaft kam blaues Hände-Aufhalten als "part of the game". Andersdenkende wurden verhöhnt und öffentlich gebrandmarkt, Asylsuchende auf der Saualm menschenunwürdig weggesperrt und Kärntens vielstimmige Kultur basierend auf dem Reichtum zweier Volksgruppen zum Volksmusikantenstadl herabgewürdigt. Das ganze Land - politisch und moralisch verlottert - wurde zum blauen Selbstbedienungsladen umfunktioniert. Das Ende ist bekannt, die Justiz nun am Zug. Demnächst dürfte es zu ersten Anklagen gegen die Ex-Führungsspitze der FPK kommen.

Schweres Erbe

Der neue Kärntner Landeshauptmann Kaiser und seine Dreier-Regierung übernehmen ein schweres Erbe. Als Erstes ist der höchste Schuldenberg in der Geschichte des Landes abzutragen. Hartes Sparen und eine neue Bescheidenheit sind angesagt. Die Spiele sind vorbei, der Kampf ums Brot wird für etliche härter werden.

Dennoch: Der Neustart im gewendeten Kärnten ist geglückt. Es herrscht zwischen den Koalitionären ein neuer Stil der gegenseitigen Achtung und des gegenseitigen Respekts, der offenbar auch auf andere Parteien abfärbt. Das zeigt sich schon in der Wahl Peter Kaisers zum neuen Landeshauptmann. Er wurde mit 30 von 36 Abgeordnetenstimmen gewählt. Ob die sechs ungültigen Stimmen allein der FPK zuzuordnen sind, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, da die FPK das dementiert. Ex-Landeshauptmann Gerhard Dörfler hat sich zuletzt einmal mehr selbst beschädigt, indem er sich von der FPK mit einem Bundesratsmandat auskaufen ließ, nachdem er zuvor den Verzicht auf sein Landtagsmandat verweigert hatte.

SPÖ, ÖVP und Grüne versprechen Transparenz und eine "saubere Politik". Das werden sie jetzt auch erfüllen müssen. Die Erwartungen in die neuen Koalitionäre sind hoch. Neben dem Schuldenabbau müssen sie dem Land neue wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Impulse geben sowie die horrende Abwanderung stoppen. Gelingt dies nicht, dann droht das Ende der Wende. Oppositionsparteien gibt es in Kärnten jetzt auch drei. (Elisabeth Steiner, DER STANDARD, 29./30.3.2013)