Alle Wahljahre wieder gerät die Notenbank in eine Privilegiendebatte. Nun fordert der Betriebsrat die Chefs zum Handeln auf.

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Wien - Interner und beginnender externer Wahlkampf bescheren der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) gerade etwas unruhige Zeiten. Mitte Mai finden in der Bank Zentralbetriebsratswahlen statt - und auch die Nationalratswahlen werfen ihren Schatten voraus: FPÖ und BZÖ thematisieren ja gern die sogenannten Privilegien der Notenbanker.

Die Kritik des BZÖ am Seminar- und Freizeitzentrum der OeNB und am dazugehörigen Sportverein materialisierte sich vorigen Samstag in einem Bericht der Kronen Zeitung. Und die FPÖ hat vor kurzem parlamentarische Anfragen an Justiz- und Innenministerium gestellt, sie beschäftigen sich mit Vorfällen, die "strafrechtlich relevant" seien. In einem Fall geht es ums Verschwinden von 50.000 Euro aus der Hauptkasse der OeNB; der STANDARD hat berichtet.

Würde eingefordert

Am Montag ist angesichts dessen der (wahlkämpfende) Zentralbetriebsrat auf die Barrikaden gestiegen. In einem offenen Brief forderten sein Vorsitzender Robert Kocmich und dessen Vize, Ferdinand Mramor (beide rot), das Direktorium auf, "dem Treiben der Journalisten und der Politik endlich ein Ende zu setzen".

Ihre Forderung an Gouverneur Ewald Nowotny und Co: "Geben Sie der OeNB wieder jenen institutionellen Wert, den sie einmal innehatte, als sie als unantastbar, unverzichtbar, über jeden Verdacht erhaben war!" Und, so fragen sie: "Wie kommt die Notenbank ... dazu, sich andauernd als 'Privilegienhochburg' ... sehen zu müssen, anstatt ob ihrer Leistungen um Kampf um Geldwertstabilität, zur Krisenbewältigung und als Instrument der 'Sicherheit des Geldes' gewürdigt zu werden?" Die Antwort ist nicht überliefert; der Sprecher der OeNB will die Sache auch nicht kommentieren.

Sonderstellung

Tatsächlich ist der erwähnte "Erholungs- und Sportverein" (ESV; die Banker zahlen kleine Mitgliedsbeiträge) Teil jener Sozialeinrichtungen, die in der Sozialbetriebsvereinbarung der OeNB verankert sind. Zu ihnen gehört auch die Freizeitbibliothek, die es deswegen zu Bekanntheit außerhalb des Hauses am Otto-Wagner-Platz gebracht hat, weil Nowotny sie im Rahmen von Sparmaßnahmen schließen wollte. Sie wurde dann verkleinert.

Ob Sportverein, Urlaubszuschüsse, verbilligte Theaterkarten, Messe (das ist die Mitarbeiterkantine, die als Genossenschaft geführt wird) oder OeNB-Ball: All das zahlt der Betriebsratsfonds mit. Der wird allerdings nur vom Arbeitgeber, der staatlichen OeNB, finanziert. Die Arbeitnehmer zahlen, anders als in den meisten Unternehmen, nichts in den Betriebsratsfonds ein.

Zuschuss zur Zahnspange

Dem Vernehmen nach ist der Fonds mit rund 2,7 Mio. Euro dotiert - rund 1,7 Mio. Euro davon gehen fürs Essen in der Messe drauf. (Ein dreigängiges Mittagsmenü mit Salat vom Buffet und Mineralwasser kostet 1,4 Euro; in anderen Banken ist das Kantinenessen ähnlich billig.) Neben dem Härtefonds für wirklich schlimme Notfälle gibt es in der Notenbank auch den Sozialfonds - an den sich alle wenden können.

Was selbiger "nach Maßgabe des Einkommens und der familiären und sozialen Situation" des Notenbankers laut Kocmich bezuschusst: "Investitionen in die Gesundheit wie Zahnspangen für Kinder". Geld fließt nach dieser Maßgabe aber auch für Zahnprothesen, Brillen und Ähnliches.

"Übliche Leistungen"

Wessen Zähne oder Augen förderungswürdig sind, entscheidet allein der Zentralbetriebsrat, der die Dotierung des Betriebsratsfonds alljährlich mit dem Direktorium ausverhandelt. Wobei Kocmich betont, dass der Betriebsratsfonds natürlich auch von Arbeiterkammer geprüft werde.

Ob Zuschuss für Essen, Urlaub, Härte- oder Sozialfonds: Alles in allem handle es sich dabei um "bankbranchenübliche Leistungen". Den Notenbankern gehen es "nicht schlecht, aber sie sind keine Bonzen, wie immer wieder behauptet wird". Die OeNB müsse investieren, um die besten Köpfe zu bekommen, denn: "Wir sind ja keine Germknödelfabrik, die abgelaufene Ware verkauft." (Renate Graber, DER STANDARD, 29.3.2013)