Bild nicht mehr verfügbar.

Werdende Eltern eines behinderten Kindes stehen vor einer schwierigen Entscheidung. Einer Berechnung der evangelischen Diakonie zufolge werden neun von zehn Kindern mit Diagnose "Down-Syndrom" nie geboren

Foto: dapd/mario vedder

Werdende Eltern müssen sich in einer Schwangerschaft mit diversen pränatalen Untersuchungsmethoden auseinandersetzen. Eine mögliche oder bereits feststehende Diagnose einer Behinderung des noch ungeborenen Kindes stellt zukünftige Eltern vor große Herausforderungen, und das zum Teil bereits in einem sehr frühen Stadium der Schwangerschaft.

Neue Beratungsstelle

Schätzungen zufolge leben derzeit in Österreich etwa 9.000 Menschen mit Down Syndrom. Eine Faustregel besagt, dass etwa eines von 800 Neugeborenen mit Down Syndrom auf die Welt kommt. Bei den knapp 79.000 Geburten in Österreich wären das 2010 demnach knapp 100 Kinder im Jahr gewesen. Aber die WHO erfasst andere Zahlen: 2010 kamen in Österreich nur 12 Kinder mit Down Syndrom zur Welt. Das würde bedeuten, dass heute rund 90 Prozent der diagnostizierten Kinder abgetrieben werden. 1985 waren es in Österreich noch 23 Geburten mit Down Syndrom.

Viele Eltern können sich ein Leben mit einem Kind mit Behinderung nicht vorstellen. "Das ist auch kein Wunder, da die notwendige soziale Absicherung, genauso wie unterstützende Dienstleistungen oder auch integrative Schulen oftmals nicht verfügbar sind", sagt Michael Chalupka, Direktor der Diakonie Österreich. Um eine Informationsgrundlage zu schaffen, eröffnet die Diakonie ab April in Linz eine Beratungsstelle für werdende Eltern von Kindern mit Behinderung.

Diese eigens auf die Elternschaft von Kindern mit Behinderungen ausgerichtete Beratung schließt eine Lücke. Denn obwohl das Regierungsprogramm von 2008 den "Ausbau psychosozialer Beratungsangebote für Eltern" vorsieht, wurden seitens des Familienministeriums diesbezüglich bis jetzt keine Schritte gesetzt.

"Verbesserungsbedarf"

Helga Müller-Finger, Ärztin und Mutter einer behinderten Tochter, über ihre leidvollen Erfahrungen während der Schwangerschaft. "Es wäre so wichtig, dass man in dieser Situation einerseits von Fachleuten Informationen bekommt, und dass man andererseits das Gefühl vermittelt bekommt, man ist ein Mensch, und kein Objekt. Die ärztliche Aufklärungspflicht wird hier oft nicht erfüllt."

Ulrich Körtner, Mitglied der Bioethikkommission im Bundeskanzleramt betont: "Es ist unethisch, wenn werdende Eltern in dieser Konfliktsituation allein gelassen oder nicht ausreichend und umfassend beraten werden. Hier gibt es in Österreich eindeutig Verbesserungsbedarf". Körtner betont den nötigen Ausbau psychosozialer Beratungsangebote vor einer vorgeburtlichen Diagnose und bei Bekanntgabe des Ergebnisses, sowie auch nach der Geburt: "Die neue Elternberatungsstelle der Diakonie erfüllt eine wichtige Aufgabe. Derartige Initiativen entbinden die Politik jedoch nicht von ihrer Verantwortung." (red, derStandard.at, 28.3.2013)