Karina, hochkonzentriert.

Foto: rwh/derStandard.at

Ersatzteile für die Roboter.

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Die "Missionen" werden an Bildschirmen angezeigt.

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Deniz bastelt am Roboter.

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Befehle an den Computer.

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Die versammelte Roboter-Crew: Modell "Lego Mindstorms NXT 2.0".

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Hochkonzentriert sitzt Karina vor ihrem Roboter. Sie befestigt Tastsensoren und verbindet sie mit Kabeln. Damit alles zusammenhält, baut sie weitere Legosteine an den Roboter. Karina lässt sich gerne über die Schulter blicken, die Arbeit am Roboter bereitet ihr viel Freude. Sie wendet sich dem Computer zu, um einen der Sensoren zu programmieren. 30 Zentimeter bevor der Roboter gegen die Wand fährt, soll er kehrtmachen. Diesen Befehl muss sie in den Computer eingeben.

Die 14-jährige HTL-Schülerin hat gerade Osterferien. Die freien Tage nutzt sie, um sich fortzubilden: Sie möchte die Programmiersprache Java lernen. Da kommt ihr das Angebot der Technischen Universität Wien entgegen. Im Rahmen einer Lehrveranstaltung haben sich TU-Studierende - zukünftige Informatik-LehrerInnen - vorgenommen, einen praxisbezogenen Programmierkurs für SchülerInnen zu organisieren.

Mehr Praxisbezug für Schüler und Lehrer

Die Lehrveranstaltung umfasst Planung, Konzeption, Umsetzung und Nachbetreuung des Kurses. "Beim Studium fehlt der Praxisbezug, es gibt sehr oft Frontalunterricht", sagt Lehrveranstaltungsleiter Bernhard Löwenstein zu derStandard.at. "Den Praxisbezug erhalten die Studierenden, wenn sie den Schülerinnen und Schülern direkt erklären müssen, was zu tun ist. Sie sehen auch, wie die Erklärungen ankommen und ob die Schüler ihnen folgen können."

Zwölf Teenager zwischen 14 und 18 Jahren haben sich für den Kurs "Junior Teachers meet Junior Developers" angemeldet, Karina ist das einzige Mädchen. 30 Euro fürs Mittagessen und sonstige Verpflegung müssen die SchülerInnen für den vier Tage dauernden Kurs bezahlen. Besonderer Köder sind die Roboter, mit denen die Schüler arbeiten dürfen. Lehrveranstaltungsleiter Löwenstein stellt sie zur Verfügung, pro Stück kosten sie rund 200 Euro. In den Schulen haben die Jugendlichen keine entsprechenden Materialien. "Das ist ja wie Computerspielen", sagt Karina. "Und ich lerne auch etwas dabei."

"Echte" Schüler

Die Studenten stehen alle kurz vor dem Abschluss. Herbert, der eigentlich als Erwachsenenbildner tätig ist und das Informatikstudium im zweiten Bildungsweg absolviert, war an der Konzeption beteiligt. Er und seine Kollegen schöpfen viel aus den praxisbezogenen Tagen - wann sonst haben sie die Gelegenheit, vor "echten" Schülern zu stehen?

Sie kritisieren in erster Linie, dass dem Informatikunterricht an den Schulen noch immer zu wenig Bedeutung beigemessen werde. Dabei komme Informatik heute in allen Lebensbereichen vor. In anderen Ländern, etwa Frankreich und Großbritannien, habe der Informatikunterricht schon einen ganz anderen Stellenwert. In österreichischen AHS hingegen finde Informatik in der Regel nur in der 5. Klasse statt - und das in geringer Stundenanzahl. An den HTLs werde mehr unterrichtet, auch das Niveau sei hier höher.

Ein weiteres Problem ist der Lehrermangel, Informatik-Absolventen seien schwer als Lehrer zu gewinnen. "In der Privatwirtschaft verdient man ungleich mehr", sagt Löwenstein.

Sinnvolles Programmieren

Seine Studierenden haben sich trotzdem dafür entschieden. "Der Job muss ja auch Spaß machen", erklärt sich Löwenstein das. Er will seine Studierenden in ihrem Vorhaben unterstützen, den Informatikunterricht praxisnäher machen und sich nicht darauf konzentrieren, in den wenigen Informatikstunden gemeinsam mit den Schülern den Computerführerschein zu absolvieren. "Das ist so, wie wenn man im Mathematikunterricht nur lernt, wie man einen Taschenrechner benutzt."

Karina setzt ihren Roboter auf den Boden. Sie will testen, ob sie die richtigen Befehle in den Computer eingegeben hat. Wird der Roboter umdrehen, bevor er gegen die Wand fährt? Student Herbert steht neben Karina, auch er ist neugierig, ob die Schülerin alles richtig gemacht hat. Und tatsächlich, kurz vor der Wand kratzt der Roboter die Kurve und donnert nicht dagegen.

Geschafft, weiter geht's zur nächsten Aufgabe. Oder "Mission", wie es die Studierenden nennen. Das klingt wirklich wie in einem Computerspiel. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 27.3.2013)