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Der Tatort in Niederösterreich wurde abgeriegelt und von Experten der Spurensuche durchforstet.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Marchegg - "'Da hat's was', dachte sich die Mutter, und deshalb rief sie bei uns an", erklärt Johann Baumschlager, Sprecher der Polizei Niederösterreich. Die besorgte Anruferin habe von psychischen Problemen ihres Schwiegersohnes berichtet, und dass er zwei Faustfeuerwaffen besitze. Ihre als absolut zuverlässlich geltende Tochter sei in der Früh unentschuldigt vom Arbeitsplatz ferngeblieben. Die Polizeiinspektion Lassee versuchte daraufhin, mit der 48-jährigen Tochter Kontakt aufzunehmen. Doch diese meldete sich weder am Handy, noch öffnete sie die Tür ihres Einfamilienhauses in Marchegg.

Als die Beamten bemerkten, dass der Haustürschüssel von innen steckte, alarmierten sie das Sondereinsatzkommando Cobra, schildert Baumschlager die Chronologie der Ereignisse von Mittwochvormittag.

Cobra stürmte Haus

"Wir wurden wegen einer vermeintlichen Geisellage hingerufen", berichtet Cobra-Sprecher Detlef Polay. Gegen 11.30 Uhr stürmte die Cobra das Haus und machte eine schreckliche Entdeckung: "Im Haus lagen drei leblose Körper", so Polay, wie sich herausstellte, waren die Frau sowie ihr Mann und die Tochter bereits tot. Alle drei wiesen Schussverletzungen auf. Die Mutter lag erschossen im Bett im Erdgeschoß, die 23-jährige Tochter in ihrem Bett im Dachgeschoß, der 47-jährige Vater lag tot davor auf dem Boden.

Allem Anschein nach dürfte der Frühpensionist der Täter sein. Eine Bestätigung dafür gebe es aber noch nicht, betont Eduard Macho vom Bezirkspolizeikommando Gänserndorf. Schmauchspuren, Schussentfernung und -winkel sollen Licht ins Tatgeschehen bringen. Auch war vorerst noch nicht bekannt, wie viele Schüsse abgegeben wurden.

Hintergründe der Tat noch unklar

Über die Hintergründe der Tat war vorerst auch noch nichts bekannt. Ob es im Vorfeld Anzeichen oder Ankündigungen für den möglichen Amoklauf gegeben habe, konnte auch noch nicht bestätigt werden. Dies sei laut Macho ebenfalls Gegenstand weiterer Erhebungen. Das letzte Lebenszeichen der Familie stammt vom Dienstagabend. Der Mann hatte mit seiner 25-jährigen, in Wien lebenden Tochter telefoniert.

Warum es dazu kommen konnte, dass ein vermutlich psychisch labiler Mann legal zwei Faustfeuerwaffen besitzen konnte, darauf hatte Baumschlager allerdings eine Antwort. "Weder der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf noch der Polizei sind eine psychische Auffälligkeit des besagten Mannes bekannt gewesen. Der Hinweis darauf ist einzig von einer Auskunftsperson gekommen." Für die Polizei war der Mann bisher ein unbeschriebenes Blatt.

Die Familie habe seit Jahren unauffällig in dem Ort gelebt. Ihr Einfamilienhaus wurde erst renoviert. Auch habe es bei den obligatorischen polizeilichen Waffenkontrollen keinerlei Anzeichen gegeben, dass der 47-Jährige nicht verantwortungsvoll mit den Schusswaffen umgehe. In diesem Jahr wäre laut Macho wieder eine Überprüfung angestanden.

Erst vor knapp einem Jahr hatte in Niederösterreich ein 37-Jähriger seinen Sohn ermordet. Der Vater erschien in der Volksschule des Buben in Sankt Pölten und erschoss ihn dort vor den Augen der Schwester. Später nahm sich der Amokläufer das Leben. Motiv: die bevorstehende Scheidung. (Kerstin Scheller, DER STANDARD, 28.3.2013)