Theoretiker aus Österreich und der Schweiz wollen Rätsel der Teilchenphysik in Quantensystemen simulieren und so lösen helfen. Ein Team vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation in Innsbruck arbeitet an Modellen für die Quantensimulation der sogenannten Eichsymmetrie und eröffnet damit völlig neue Perspektiven für die Erforschung von Quark-Gluon-Plasmen.

Der Aufbau der Materie mit ihren Elementarteilchen und den zwischen ihnen wirkenden Kräften wird im sogenannten Standardmodell der Elementarteilchenphysik beschrieben. Das Modell ist weitgehend anerkannt und wird auch immer wieder bestätigt, zuletzt mit den deutlichen Hinweisen auf das Higgs-Teilchen. Dennoch sind viele Aspekte davon bis heute zu komplex, um verstanden zu werden. Innsbrucker Physiker wollen nun mit Hilfe der Quantenphysik diese Rätsel der Teilchenphysik lösen. Sie schlagen im Fachjournal "Physical Review Letters" Wege vor, wie man Aspekte der Elementarteilchenphysik mit Quantensystemen untersuchen kann.

Viele Probleme der Elementarteilchenphysik harren bereits seit den 1970er Jahren ihrer Lösung. Sie sind zu komplex, um sie mit Hilfe klassischer Simulation erforschen zu können. Deshalb wollen die theoretischen Physiker Peter Zoller und Marcello Dalmonte vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) die Quantensimulation ins Spiel bringen. "Die ungewöhnlichen Eigenschaften der Quantenmechanik erlauben uns, in Quantensystemen bestimmte komplexe Probleme einfacher zu lösen", so Zoller. Die Forscher arbeiten daran, Teilaspekte des Standardmodells in die Sprache der Quantentheorie zu übertragen und sie so für eine Quantensimulation zugänglich zu machen.

Starke Wechselwirkung unter der Lupe der Teilchenphysiker

In ihrer nun publizierten Arbeit haben sich die Physiker der sogenannten starken Wechselwirkung gewidmet, einer der vier Grundkräfte der Physik. Die starke Wechselwirkung hält die Quarks zusammen, aus denen etwa Neutronen oder Protonen aufgebaut sind. Aufgrund der Komplexität beschränken sich die Wissenschafter auf einen Teilaspekt der starken Wechselwirkung, die sogenannte Eichsymmetrie. "Diese bilden wir in vereinfachten Modellen ab und überlegen, wie wir sie für eine Quantensimulation zugänglich machen können", erklärte Dalmonte.

Zoller bezeichnete die nun vorgelegte Arbeit als "ersten Babyschritt, bei dem man sich die Frage stellt, ob so etwas grundsätzlich geht". Man schaue sich dabei "eher so Spielzeugprobleme an", die Elementarteilchenphysiker nicht so fundamental interessieren, man könne sich aber dann langsam vorarbeiten. Zoller erwartet sich, dass sich in fünf bis zehn Jahren erste Experimente zur Quantensimulation von Aspekten der Teilchenphysik realisieren lassen. Als physikalische Modelle für solche Simulationen würden sich etwa ultrakalte Atome in optischen Gittern, Quantenpunkte oder in Fallen gefangene Ionen eignen.

Abläufe im Inneren von Neutronensternen und kurz nach dem Urknall

Mit der Quantensimulation der Eichsymmetrie wollen die Physiker neue Perspektiven für die Erforschung von Quark-Gluon-Plasmen eröffnen. Ein solcher Materiezustand herrschte Sekundenbruchteile nach dem Urknall und entsteht auch in Teilchenbeschleunigern, wenn Teilchen mit sehr hoher Energie kollidieren. Dabei ist es so heiß, dass sich die elementaren Bestandteile der Materie - Quarks und Gluonen - wirr durcheinanderwirbeln. Auch in Neutronensternen zerfällt die Materie aufgrund der extrem hohen Dichte im Inneren solcher Objekte zu einem Quark-Gluon-Plasma, die Quantensimulation könnte auch hier helfen, Mechanismen zu verstehen.  (APA, 01.04.2013)