Saarbrücken - Man kann einen Effekt auch nutzen, wenn man ihn nicht versteht. Kennt man seine Ursache, lässt sich die Nutzbarkeit aber optimieren. Beispiel Hygiene: Seit langem ist bekannt, dass Kupferoberflächen einen Schutz gegen Bakterien bilden können. Eine wichtige Eigenschaft vor dem Hintergrund, dass heute mehr Menschen an Krankenhauskeimen sterben als im Straßenverkehr, wie der Biochemiker Marc Solioz von der Universität Bern vorrechnet.

Warum Kupfer Bakterien abtötet, ist aber immer noch ungeklärt, wie die Universität des Saarlandes berichtet. Hypothesen gibt es mehrere: "Einige vermuten, dass Kupfer die Zellwand der Bakterien destabilisiert und diese dadurch auslaufen. Andere Forscher gehen davon aus, dass sich Kupfer an die DNA der Keime bindet und die Gensequenzen in kleine Stücke zerteilt", sagt Solioz. Erwiesen ist, dass sich im Inneren von getöteten Bakterien unter dem Elektronenmikroskop Kupferionen nachweisen lassen. Wie das Kupfer ins Innere der Zellen gelangt, ist jedoch noch unklar, ebenso, wie der zerstörerische Prozess bei Bakterien ausgelöst wird.

Direkter Kontakt nötig

Biochemiker der Universität Bern haben jetzt gemeinsam mit Materialforschern der Universität des Saarlandes ein wichtiges Detail des Phänomens geklärt und berichten darüber in der Fachzeitschrift "Applied and Environmental Microbiology". In Laborversuchen konnten sie beweisen, dass die Bakterien nur dann verenden, wenn sie in direktem Kontakt mit der Kupferoberfläche stehen. Einzelne Kupferionen in einer Flüssigkeit scheinen dafür oft nicht auszureichen.

Für die Experimente wurde eine Kupferplatte mit einer dünnen Kunststoffschicht überzogen. Mit pulsierenden Laserstrahlen schossen die Materialforscher um Frank Mücklich winzige Löcher in diese Schicht und erzeugten so ein wabenartiges Muster. Die Löcher waren mit einem halben Mikrometer kleiner als der Durchmesser der Bakterien. "Das für uns überraschende Ergebnis war, dass die Bakterien auf dieser Oberfläche nicht abgestorben sind, obwohl Kupferionen freigesetzt wurden", sagt Mücklich.

Im Vergleichsversuch mit einer unbeschichteten Kupferplatte und der gleichen Konzentration von Kupferionen waren alle Bakterien nach wenigen Stunden vernichtet. "Dies zeigt, dass die Bakterien vor allem beim direkten Kontakt mit der Kupferoberfläche absterben. Offenbar wird dadurch erst die Zellhülle angegriffen und so die Voraussetzung dafür geschaffen, dass die Kupferionen die Zellen völlig zerstören können", schlussfolgert das interdisziplinäre Forscherteam. Dies lässt vermuten, dass komplexe elektrochemische Prozesse zwischen Kupferplatte und Keimen auf der Oberfläche eine Rolle spielen.

Anwendbarkeit

Diese Prozesse müssen nun noch genauer erforscht werden, damit aktiv keimtötende Materialoberflächen auf Kupferbasis entwickelt werden können - etwa für Türklinken und Lichtschalter in Krankenhäusern. (red, derStandard.at, 27. 3. 2013)