Aus historischen Gründen besteht Österreich aus neun Bundesländern. Das ist für ein einen kleinen Staat recht viel, aber ein politisches Faktum. Und wenn man schon Föderalismus hat, dann muss er sich auch irgendwo auswirken. Nun, neun Bauordnungen sind unsinnig und teuer, ebenso die Aufsplitterungen im Gesundheitswesen. Darauf könnte man gern verzichten.

In der Gesellschaftspolitik sind regionale Unterschiede hingegen häufig angebracht. Da geht es um Fragen der Werte, für die es keine objektiv richtige Antwort gibt. Etwa der Jugendschutz: Vorarlberger sind aufgrund ihrer Traditionen der Meinung, dass 15-Jährige schon um 23 Uhr und nicht erst um ein Uhr früh daheim sein sollten. Es ist ihr gutes Recht, dies so zu regeln. Oder Tagesmütter: Wenn Niederösterreich andere Maßstäbe an deren Eignung anlegen will als Wien, dann soll das dem Landtag in St. Pölten freistehen. Österreich ist nicht völlig homogen und muss nicht über einen Kamm geschoren werden.

Unzufriedene Bürger haben zwei Möglichkeiten: Sie können bei der nächsten Landtagswahl eine Partei wählen, die Änderungen verspricht. Es muss in Niederösterreich ja nicht immer die ÖVP sein. Oder sie übersiedeln in ein Bundesland, das den eigenen Vorstellungen eher entspricht. Wenn es solche regionale Differenzen nicht geben darf, dann sollte man die Bundesländer gleich abschaffen. Doch das lehnt die große Mehrheit der Österreicher ab. (Eric Frey, DER STANDARD, 26.3.2013)