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Einer der Anschläge auf die Arab Gas Pipeline im vergangenen Jahr im ägyptischen El Arish.

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Sie tragen klingende Namen: Tamar, Dalit, Leviathan oder eben Aphrodite. Diesmal allerdings soll nicht wie einst eine schaumgeborene Schönheit aus dem Mittelmeer steigen, diesmal gilt die Begierde dem schnöden Mammon. In Form von Erdgas soll dieser aus den Förderblöcken im Levante-Becken kommen. Und mit ihm das, was die Amerikaner einen strategischen "Game Changer" nennen - einen Wendepunkt, der das geopolitische Spiel im östlichen Mittelmeer auf Jahrzehnte hinaus verändern wird.

Die vor wenigen Jahren entdeckten riesigen Erdgas- und Erdölvorkommen dort verändern die Region so wie die Schiefergasförderung derzeit die USA. Vor allem Israel will sich damit energieautarker machen. Noch bis vor kurzem war das Land von Gasimporten aus Ägypten abhängig. 40 Prozent des Stromes erzeugten die Israelis aus Erdgas, dessen Verbrauch wiederum zu 40 Prozent aus dem Nachbarland kam. Nach dem Fall Hosni Mubaraks 2011 kam es immer wieder zu Anschlägen auf die Arab Gas Pipeline nach Israel. Vergangenes Jahr kündigte Kairo den Gasliefervertrag mit Jerusalem.

Leviathan-Feld

Auf diese Importe dürfte Israel allerdings bald nicht mehr angewiesen sein, denn allein im Leviathan-Feld, 130 Kilometer, und im Tamar-Feld, 80 Kilometer vor Haifa sollen 730 Milliarden Kubikmeter Erdgas im Wert von rund 200 Milliarden Euro unter der Wasseroberfläche liegen. Israel könnte damit laut Schätzungen 150 Jahre lang versorgt werden. Im Aphrodite-Feld (oder Block 12) auf der zyprischen Seite sind es noch einmal bis zu 250 Milliarden Kubikmeter Erdgas. Dazu kommt ein Tiefsee-Ölpotenzial von an die vier Milliarden Barrel Erdöl.

Das Tamar-Feld soll bereits heuer mit der Produktion beginnen, die anderen Blöcke bis 2015 folgen. Mit erneuerbaren Energien (Sonne), Kohle aus Südafrika und Öl aus Norwegen und Großbritannien wäre Israel de facto durch arabische Energieboykotte nicht mehr angreifbar.

Alte Feinde, neue Allianzen

Wäre. Denn auf diesem Weg gibt es noch einige Unwägbarkeiten. Zum einen ist die Seegrenze zwischen dem Libanon und Israel noch immer nicht gezogen. Die Israelis haben zuletzt eine für sie günstigen Verlauf in der Knesset beschlossen und der Uno zur Prüfung vorgelegt, die Libanesen halten sich an die Seerechtskonvention. Dazu würden israelische Förderanlagen jedenfalls in Reichweite von Hisbollah-Raketen liegen. Kompromisse wollen beide Seite angesichts des Gasbonanza nicht machen, Experten schließen auch einen bewaffneten Konflikt nicht aus.

Das langjährige Bündnis zwischen der Türkei und Israel ging indes auch wegen der Energiefrage in die Brüche. Weil sich die Israelis mit der Republik Zypern akkordierten, pochen die Türken auf den Anteil Nordzyperns und damit Ankaras an den Gasreserven. Auch die Türken würden kaum zögern, Kriegsschiffe im "Energie-Dreieck" zwischen Israel, Zypern und der Türkei aufkreuzen zu lassen. Gegen die Vergabe von Probebohrungen und Förderlizenzen durch Nikosia sprach sich Ankara zu Beginn des Jahres bereits vehement aus. (Christoph Prantner, DER STANDARD, 22.3.2013)