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Feiertag in der südlichen Serben-Enklave Strpce, die in den Kosovo integriert ist. Die etwa 50.000 Serben im Norden drohen mit " Selbstorganisierung", falls Serbien sich zurückzieht.

Foto: AP/Kryeziu

Brüssel/Belgrad/Prishtina - "Sie sind alle schwanger, aber es dauert noch, bis das Kind geboren wird", lautete einer der Kommentare eines Diplomaten anlässlich der siebten Runde der politischen Gespräche zwischen den Premierministern von Serbien und dem Kosovo, Ivica Dacic und Hashim Thaçi, am Mittwoch unter der Vermittlung der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton.

Der Druck - vor allem von deutscher Seite - und die Erwartungen waren groß. Denn die EU-Kommission schreibt gerade an einem Fortschrittsbericht zu Serbien - am 22. April soll der EU-Außenministerrat entscheiden, ob Belgrad Beitrittsverhandlungen beginnen darf oder nicht. Und das hängt von der "Normalisierung der Beziehungen zum Kosovo ab".

Nach einem Gespräch zu dritt bat Ashton die beiden Regierungschefs zu Einzelgesprächen - quasi im Beichtstuhlverfahren sollte ein Kompromiss erarbeitet werden. Selbst erbitterte politische Gegner von Dacic gaben zu, dass sie am Mittwoch in Brüssel nicht in seiner Haut stecken wollten. Von Dacic wurde das Kunststück erwartet, einerseits die Bedingungen der EU zu erfüllen, einen tragbaren Kompromiss mit Thaçi zu erzielen und gleichzeitig die "nationalen Interessen Serbiens" im Kosovo zu bewahren. Es ging um die Auflösung serbischer Parallelstrukturen im Nordkosovo. Für Belgrad ist das der bisher härteste Brocken in den politischen Gesprächen mit Prishtina.

Serbiens Rote Linie

Dacics Vorschlag, hinter den sich die gesamte serbische Staatsspitze stellte, lautete: Die vorhandenen, direkt an Belgrad gebundenen serbischen Parallelstrukturen, die Prishtina nicht anerkennen, sollten durch einen Bund serbischer Gemeinden ersetzt werden, der gewisse exekutive und legislative Vollmächte haben soll. Der Bund würde sowohl Beziehungen zur serbischen Regierung haben als auch die Rechtsprechung von Prishtina anerkennen.

Auf diese Weise würde Serbien den Kosovo nicht formal anerkennen, Dacic müsste keine "Kapitulation" unterschreiben, und die serbische Gemeinden wären doch an das Staatssystem des Kosovo angebunden. Aus serbischer Sicht ist das die "rote Linie", die man nicht überschreiten will. "Wir haben die Hand ausgestreckt, nun liegt es an der anderen Seite, sie zu ergreifen", erklärte Dacic. Doch der Kosovo hat das Angebot abgelehnt. Auch für Brüssel ist es entscheidend, dass die Exekutive ganz klar Prishtina untersteht.

Das Büro von Ashton verweist auf die bisherigen Beschlüsse des EU-Rats, wonach ein "irreversibler Fortschritt für eine Aufstellung der Strukturen im Nordkosovo" gefordert wird, und zwar so, dass "die Funktionalität einer einzigen institutionellen und administrativen Einrichtung innerhalb des Kosovo gewährleistet ist".

"Einigung nicht in Sicht"

Die Gespräche am Mittwoch wurden im Vorfeld als schwierig eingeschätzt. " Eine Einigung ist nicht in Sicht", erklärte etwa Serbiens Vizeministerpräsidentin Suzana Grubjesic. Sollte Serbien heuer die Beitrittsverhandlungen nicht beginnen, sind vorgezogenen Parlamentswahlen so gut wie sicher. Für Dacic steht also auch das Amt des Premiers auf dem Spiel. Im Nordkosovo explodierte am Mittwoch eine Bombe. Verletzte gab es keine. (Andrej Ivanji , Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 21.3.2013)