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Immer wieder kommt es vor allem im Stadtteil Norrebro zu Schießereien zwischen rivalisierenden Gangmitgliedern. Die Polizei ist ratlos, wie sie der zunehmenden Gewalt Herr werden soll.

Foto: AP Photo/Jens Dresling, POLFOTO

Stockholm/Kopenhagen - Im sonst so beschaulichen Kopenhagen herrschen derzeit Zustände wie in einem Hollywoodfilm. Alleine am Montag kam es zu drei unterschiedlichen Schießereien zwischen rivalisierenden Banden. Ein 17-Jähriger, auf den aus einem fahrenden Auto geschossen wurde, konnte fliehen.

In weniger als drei Monaten kam es zu zehn registrierten Auseinandersetzungen mit Schusswaffen mit insgesamt zwei Toten und zahlreichen Verletzten. "Ich habe keine konkrete Antwort dafür. Aber wir haben keine Zweifel daran, dass die neu geformte Bande LTF versucht, ihre Konkurrenz einzuschüchtern", sagte Michael Ask, Ermittlungschef der dänischen Landespolizei.

Drogen und Schutzgeld

LTF steht für "Loyal to Familia" und ist ein Zusammenschluss mehrerer krimineller Banden. Die Gang ist vor allem in Drogenhandel und in Schutzgelderpressungen verwickelt. "Sie wollen nun zeigen, dass sie tatsächlich als eine schlagkräftige Einheit funktionieren", erklärt Ask. Auf der anderen Seite steht die Vaerebros Harde Kerne, der "harte Kern" aus dem Vorort.

Spätestens seit Montag sind auch Kopenhagens Kommunalpolitiker alarmiert. "Ich weiß, wir haben eine ganze Industrie von Sozialvereinen, die dafür sorgen sollen, dass die Situation im Stadtteil Norrebro unter Kontrolle bleibt. Aber diese Projekte versagen", sagen nicht etwa die stimmenstarken Rechtspopulisten, sondern Leslie Arentoft von der größten bürgerlichen Partei Venstre. "Die vielen Millionen, die wir da reinstecken, lösen nichts."

Kritik an Integrationsprojekt

"Im besten Fall ist das weggeschmissenes Geld", pflichtet ihr auch der konservative Stadtpolitiker Jakob Naesager bei. Beide Parteien kritisieren das 2010 initiierte Integrationsprojekt "Sicherere Stadt", das jährlich 40 Millionen Euro kostet. Das habe nichts gegen die Banden ausrichten können. Wenn der regierende sozialdemokratische Oberbürgermeister Frank Jensen feierlich darauf hinweise, dass die Kriminalitätsrate in Problemstadtteilen gefallen sei, gehe es dabei lediglich um Fahrrad- und Ladendiebstähle. "Was bringt uns das, wenn uns beim Fahrradfahren die Kugeln um die Ohren fliegen?", fragt Naesager.

Die bürgerliche Opposition fordert nun, die Hälfte des Integrationsbudgets zu kürzen und das Geld stattdessen direkt in Beschäftigungsmaßnahmen zu stecken.

"Es ist besser, mit diesem Geld Jugendlichen Halbtags- oder Teilzeitstellen zu verschaffen, als damit Integrationsprojekte von Sozialarbeitern zu finanzieren. Es ist wichtig für Jugendliche zu sehen, wie es ist, eine richtige Arbeit zu haben", sagte Pia Allerslev von Venstre. Die Sozialdemokraten lehnen eine solche Maßnahme ab. Das Projekt funktioniere, die Kritik sei zu kurz gegriffen. (André Anwar, DER STANDARD, 21.3.2013)