Bild nicht mehr verfügbar.

Zyperns Finanzminister Michalis Sarris hofft auf Hilfe Russlands, das in der Vergangenheit schon mehrmals eingesprungen ist.
Foto: EPA/SERGEI CHIRIKOV

Der erste Versuch ist gescheitert: Bei den Verhandlungen zwischen Zypern und Russland um einen neuen Milliardenkredit für die Mittelmeerinsel aus Moskau konnte am Mittwoch kein Durchbruch erzielt werden. Weder bei Finanzminister Anton Siluanow, noch beim einflussreichen Vizepremier Igor Schuwalow hatte Michalis Sarris Glück. "Die Verhandlungen werden heute und morgen fortgesetzt, konkrete Ergebnisse gibt es bislang nicht" , erklärte eine Quelle aus dem Kreml der russischen Nachrichtenagentur " Prime".

Sarris' letzte Chance

Nachdem das Parlament in Zypern das Rettungspaket aus Brüssel abgelehnt hat, ist der Besuch in Moskau möglicherweise Sarris' letzte Chance, um den Staatsbankrott abzuwenden. Die Russen wissen sehr wohl um ihre Bedeutung und wollen entsprechend harte Bedingungen für ein Hilfspaket diktieren - gerade weil sich Moskau durch die EU brüskiert fühlt. Russland wollte einbezogen werden in die Gespräche über die Zypernhilfe und wurde vor vollendete Tatsachen gestellt. Dass Moskau nun die letzte Instanz für den Bittsteller Zypern ist, dürfte für eine gewisse Genugtuung im Kreml sorgen.

Premier Dmitri Medwedew kritisierte EU-Spitze und zyprische Regierung. Beide verhielten sich wie ein Elefant im Porzellanladen, zitierte die Agentur Interfax Medwedew. "Mir scheint, dass alle möglichen Fehler, die in solch einer Situation gemacht werden können, gemacht wurden."

Andererseits kann Russland Zypern auch nicht hängen lassen. Zu groß sind die eigenen finanziellen Interessen auf der Insel, die in den vergangenen Jahren offiziell stets der größte ausländische Investor in Russland war. Laut der Statistikbehörde RosStat hat Zypern 2011 umgerechnet rund 60 Milliarden Euro in Russland investiert - das entspricht dem Vierfachen des zypriotischen Bruttoinlandsproduktes.

Milliarden geparkter Gelder

Russische Anleger haben geschätzte 20 bis 35 Milliarden Euro auf Zypern-Konten liegen. Ein beträchtlicher Teil davon dürfte Schwarzgeld sein, am russischen Fiskus vorbeigeschleust. Anderseits nutzen russische Unternehmen Zypern wegen seiner liberalen Finanzpolitik legal als Drehscheibe für Kapitalbewegungen.

Tausende russische Unternehmen haben auf der Insel Tochterfirmen gegründet, um Steuern zu sparen. An diese Ableger wiederum haben russische Banken Kredite über 40 Milliarden US-Dollar vergeben. Die Ratingagentur Moody's schätzt, dass der Staatsbankrott Zyperns Russlands Banken etwa 43 bis 53 Milliarden US-Dollar (bis zu 41 Mrd. Euro) kosten könnte. Das ist selbst für Russlands Finanzsektor spürbar, auch wenn angesichts der Währungsreserven von über 530 Mrd. Dollar Moskau nicht fürchten muss, im "Zypernsumpf" zu versinken.

Geld geparkt

Ein bisschen pokern kann Moskau also schon. Wichtigste Forderung im Kreml ist mehr Transparenz. Präsident Wladimir Putin wetterte zuletzt immer wieder gegen "unpatriotische" Geschäftsleute und Beamte, die ihr (zumeist illegal verdientes) Geld in Offshore-Regionen transferieren. Der Kreml wird auf Zugang zu solchen Daten dringen. Dass es darum geht, alle schwarzen Schafe zu bestrafen, darf bezweifelt werden. Aber das Instrumentarium dazu hätte der Kreml gern in der Hand.

Zudem dürften auch die Gasfelder vor Zypern auf Moskaus Wunschliste stehen. Laut Medienberichten hat in der Vergangenheit die Gasprombank (Tochter von Gasprom) Interesse an einem Einstieg bekundet. Zwar sind bei den aktuellen Verhandlungen Gasprom-Vertreter nicht dabei, doch bei Sarris' Gesprächen gehe es neben der Übergabe zyprischer Banken an Moskau auch um Zugang zu den Gas-Lagerstätten, heißt es in Verhandlungskreisen. Das klingt plausibel. Mit neuen Krediten allein (Russland gab Zypern bereits 2,5 Mrd. Euro Kredit) wäre Nikosia kaum geholfen. Die Übergabe von Aktiva macht es Zypern leichter, seine Schulden abzutragen. Trotzdem bleibt es ein Preispoker. Ohne Einigung stehen aber beide als Verlierer da. (André Ballin, DER STANDARD, 21.3.2013)