Was trägt man in der Oberschicht? - "Black Tie".

Foto: Reidinger

Wien - In der Suite eines amerikanischen Resorthotels irgendwo in den Adirondack Mountains, New York State: Da packt Curtis (Martyn Stanbridge) gut gelaunt den Koffer aus, weil sein einziger Sohn heiraten soll - die beste Gelegenheit, sich in den guten alten Smoking zu werfen, den ihm sein verstorbener Vater vermacht hat. Tot? Keineswegs! Schon steigt der Patriarch als Geist (Gary Raymond) aus der Spiegelwand und erkundigt sich bei Curtis, ob der wohl seine Rede angemessen feierlich vorbereitet habe. Und wie es die Jungen heute mit der Etikette halten.

Black Tie ist nicht nur der Titel einer 2011 erschienenen Generationenkomödie des US-Dramatikers A. R. Gurney, sondern bezeichnet auch den "kleinen Gesellschaftsanzug". Der Smoking markiert im Vienna's English Theatre, einer Stätte gepflegter Bühnenunterhaltung, das Leitmotiv, an dem der Konflikt zwischen dem Aufrechterhalten der Tradition und der Ungewissheit moderner Lebensformen abgearbeitet wird. Strenger Dresscode gegen Fashion-Style mit Ironie.

In der Regie von Brooke Ciardelli dominieren bei der kurzweiligen europäischen Erstaufführung die Schauspieler. Lebendig ist ihr Spiel, aus dem heraus sie Pointen gekonnt setzen; Schenkelklopfer sind Mangelware. Für die Dauer des Stücks befinden sich Mitglieder der fünfköpfigen Upperclass-Familie in besagtem Hotelzimmer, ländlich-rustikal eingerichtet, mit viel Holz, Kamin, Geweihen und Fischen an den Wänden.

Hier hätte der Inszenierung eine moderne Perspektive, ein Aufbrechen konkreter, starrer Bühnenbildvorgaben gutgetan, zumal Gurneys klug gebauter Text gerade diese Öffnung gegenüber neuen Zeiten thematisiert.

Die Älteren der Familie, die sich der amerikanischen Bevölkerungsgruppe weißer anglo-sächsischer Protestanten zugehörig fühlen, stehen der jugendlichen Aufgeschlossenheit skeptisch gegenüber. Die Hochzeit droht im Chaos zu versinken, weil die Braut Maya mit kroatischen Wurzeln eine militante Tierschützerin und einen jüdischen Stand-up-Comedian zu ihren Freunden zählt. Ist das schon ein Culture-Clash?

Mutter Mimi (Amanda Osborne) sieht das gelassen, Tochter Elsie (Madeleine Knight) ist verzweifelt ob der Durchkreuzung ihrer Organisation. Dem jungen Bräutigam Teddie (Danny Mahoney) wird aus ganz anderen Gründen alles zu viel. Am Ende aber sind doch alle happy.  (Sebastian Gilli, DER STANDARD, 21.3.2013)