Beim Trendforum diskutierten Martin Graf, Christian Schönbauer, Barbara Schmidt, Hubert Landinger und Florian Ermacora.

Foto: Oesterreichs Energie

Eingangsstatement von Dr. Florian Ermacora, Generaldirektion für Energie der Europäischen Kommission.

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Podiumsdiskussion unter der Moderation von Manuela Raidl.
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In der Bevölkerung gebe es eine breite Akzeptanz für den Systemumbau in Richtung erneuerbare Energie, dieser müsse aber mit  Augenmaß und im richtigen Tempo erfolgen. Layr plädierte dafür, die Mehrwertsteuer die auf Basis der Ökostromförderung entsteht, für die Entlastung der Konsumenten einzusetzen.

Künftig müssten nach Ansicht Layrs beim für die Energiewende erforderlichen Ausbau der Strominfrastruktur verstärkt alle Marktteilnehmer in die Pflicht genommen werden. Wer eine Netzinvestition auslöse, solle dafür auch die Kosten übernehmen. Die aktuellen Fördermechanismen für Ökostromanlagen in Europa, insbesondere in Deutschland, würden zudem zunehmend die Wirtschaftlichkeit von Investments in die für die Versorgungssicherheit benötigten konventionellen Kraftwerke in Frage stellen. Layr: "Wir brauchen ein neues Marktdesign, das bestehende stammt noch aus der Zeit der Marktliberalisierung."

Das europäische Energiesystem hat im letzten Jahrzehnt einen beispiellosen Umbau erfahren. Die fossile Stromerzeugung wurde zurückgedrängt, dafür hat sich zwischen 1990 und 2008 die Energieproduktion aus erneuerbaren Quellen auf jährlich 200 Milliarden Kilowattstunden erhöht. Bis 2020 soll sie sich noch einmal mehr als verdoppeln und die Marke von 500 Milliarden Kilowattstunden erreichen. Und ab 2050 soll der Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtverbrauch sogar bis zu 75 Prozent betragen – so sehe es die EU-Energy Roadmap 2050 vor, erklärte Florian Ermacora, Mitglied der Generaldirektion für Energie der Europäischen Kommission.

Erfolge der Energiewende absichern und fortsetzen

Für Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie ist es aktuell notwendig, mit einer Anpassung der Rahmenbedingungen die unbestreitbaren Erfolge der Energiewende abzusichern und fortzuführen. Schmidt: "Eine vorläufige Bilanz zeigt leider, dass die drei wesentlichen Ziele der EU, den europäischen Strommarkt wettbewerbsfähiger und nachhaltiger zu gestalten und gleichzeitig die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, nicht erreicht werden. Daher müssen wir daran arbeiten, die Erfolgsgeschichte wieder auf Schiene zu bringen." Die Probleme seien evident: In Deutschland mussten Stromkunden allein im Vorjahr rund 20 Milliarden Euro an Ökostromförderung aufbringen, der Marktwert des damit erzeugten Stroms betrage aber nur drei Milliarden Euro. Gleichzeitig habe sich der CO2-Ausstoß um zwei Prozent erhöht und für die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit würden auf Grund der zunehmenden Einspeisung volatiler erneuerbarer Energien zunehmend Eingriffe erforderlich. Schmidt: "Österreich ist zwar durch seinen hohen Anteil an Wasserkraft und seinen frühen Verzicht auf Atomkraft in einer besseren Lage, da Strom aber keine Grenzen kennt, sind die Probleme der Nachbarländer bis zu einem gewissen Ausmaß auch unsere."

Die EU-Kommission will indes ihre Steuerungsmechanismen für die E-Wirtschaft nachjustieren, erklärte Ermacora. So habe man beispielsweise in der Vergangenheit den einzelnen Ländern zu große Freiheiten bei den Maßnahmen gelassen, wie sie ihre Erneuerbaren-Energien-Vorgaben erreichen sollen. Dies habe zu völlig unterschiedlichen Fördersystemen und in der Folge zu den gegenwärtigen Verwerfungen auf dem Energiemarkt geführt. Zwar sei man 2009 mit einem EU-weiten Fördersystem vorerst an den nationalen Interessen gescheitert, Überlegungen in diese Richtung würden aber weiterhin verfolgt. Das schließe auch Maßnahmen mit ein, die den Netzausbau, die Speicherung volatiler Energie und ein besseres Demand-Side-Management, etwa durch Smart Grids beinhalte. "Die Energiewende erfordert dringende Investitionen in die entsprechende Infrastruktur und dazu ist ein gesamteuropäischer Ansatz notwendig", so Ermacora. Da dafür auch die Investitionssicherheit gegeben sein müsse, arbeite man derzeit an einer Rahmenformulierung, die über den Zeitraum 2020/2030 hinaus Bestand haben soll.

E-Control-Vorstand Martin Graf sah nicht nur die Heterogenität der Fördersysteme, sondern auch den fehlenden Blick auf die Gesamtheit des Systems als Hemmschuh für die weitere Entwicklung. So stellt sich die Frage, mit welchen Regulationsmechanismen die Erneuerbaren Energien am besten in die Märkte integriert werden könnten. "Nur wenn das gelingt, lassen sich die Verwerfungen auf den Strommärkten beseitigen", so Graf.

Komplexität unterschätzt

Darauf, dass man die ganze Komplexität der Energiewende unterschätzt habe, verwies Hubert Landinger, Energieexperte der Ludwig-Bölkow-Systemtechnik und Mitglied der Taskforce Energiespeicherung der Energietechnischen Gesellschaft im VDE. Man habe in Deutschland inzwischen zwar die Notwendigkeit des Netzausbaus erkannt, dafür aber bisher der Speicherproblematik nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt. "Aber je höher der Anteil der Erneuerbaren Energien am Strommix wird, desto virulenter wird dieses Thema", warnte Landinger. Künftige Förderungen müssten daher verstärkt in diese Richtung gelenkt werden. Eine zukunftsträchtige technische Lösung, überschüssige erneuerbare Energie unterzubringen, sieht er in der Produktion von Wasserstoff über Elektrolyse und der Erzeugung von Methan aus diesem Wasserstoff und CO2. Diese Technologie werde künftig auch zu einer zunehmenden Vernetzung der Energieformen von Wärmemarkt, Elektrizität und Transport führen.

Christian Schönbauer, Energie-Sektionschef im Wirtschaftsministerium erklärte, Österreich sei zwar bei der Sicherung einer nachhaltigen und sicheren Energieversorgung gut positioniert, wie die Energiewelt im Jahre 2030 aussehen werde, ließe sich aber nur schwer sagen. Sicher sei nur, dass wir durch die weitere Vernetzung der Energiemärkte und die Fortschritte in der Technik vor enormen Veränderungen stünden. "Dafür ist ein neues Marktdesign nötig, das weniger von Seiten der Nachfrage als vielmehr von Seiten der Erzeugung die Schaffung neuer Strukturen benötigt", so Schönbauer.