Orchesterproben gehören für die Schüler am Musikgymnasium Wien zum Alltag. Jeder kann mindestens ein Instrument spielen.

Foto: Musikgymnasium Wien

Wien - Ob Orchesterklänge, Geigensoli oder Choralgesänge: Betritt man das Gymnasium in der Neustiftgasse, liegt überall Musik in der Luft. Die Musikschule bezeichnet sich selbst als Sonderform der AHS. Ihr Ziel ist es, die rund 500 Schüler auf eine berufliche Laufbahn als Musiker vorzubereiten.

Um die Schule besuchen zu können, muss jeder Anwärter einen Eignungstest bestehen, bei dem die musikalische Fähigkeit überprüft wird. Die Schüler spielen dafür ein einstudiertes Stück mit einem Instrument ihrer Wahl vor. Richtig schwierig wird es, wenn man ein fremdes Notenblatt ausgehändigt bekommt, von dem man die Melodie spontan nachsingen muss.

Ein gewöhnlicher Schultag endet spätestens um halb zwei, damit die Schüler am Nachmittag genug Zeit zum Üben ihres Instruments haben. Mindestens ein Musikinstrument muss jeder Schüler verpflichtend spielen können. Der Musikunterricht ist je nach Klassenstufe aufgegliedert in Fächer wie "Instrumentenkunde", "Musikgeschichte", "Tonsatz" und " Gehörbildung", in denen man auch Schularbeiten ablegen muss. Hinzu kommen noch jeweils zwei Wochenstunden Chor oder Orchester.

Jedes Jahr veranstaltet das Wiener Musikgymnasium Anfang März ein großes Konzert im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins, bei dem heuer unter anderem Schuberts "Unvollendete" (Symphonie Nr. 7) und das Mozart-Requiem auf dem Programm standen. In den letzten beiden Wochen vor den Konzerten gibt es eine Intensivprobenphase, bei der die Schüler immer wieder tatkräftige Unterstützung von Berufsmusikern wie den Wiener Philharmonikern bekommen. Für die Schüler ist es ganz normal, an einem Tag mehrere Proben oder Konzerte zu spielen. Viele von ihnen kommen aus Niederösterreich oder dem Burgenland und nehmen lange Fahrtzeiten auf sich.

Neben den Musikfächern gibt es natürlich auch alle anderen Fächer wie Mathematik, Biologie oder Deutsch. In Turnen etwa wird besonders auf die Bedürfnisse der jungen Musiker eingegangen: Möchte man lieber nicht Basketball spielen, weil man Angst um seine Finger hat, so ist das in Ordnung.

Man kann zwischen verschiedenen Freigegenständen wählen, wie Spanisch, Kreativem Schreiben oder Schach. Die sonst üblichen Wahlpflichtgegenstände gibt es nicht. Ebenfalls ist eine dritte Fremdsprache nicht verpflichtend, sondern wird durch verstärkten Musikunterricht ersetzt.

Musik findet sich ohnehin in allen Fächern. Etwa in Französisch, wo man gleich zu Beginn sämtliche Musikvokabeln lernt - man soll sich ja mit anderen Musikern verständigen können, etwa bei Sprach- oder Projektwochen im Ausland.

Viele der Schüler träumen davon, später einmal ihr Instrument zu studieren und eine Stelle in einem Orchester zu bekommen. Es ist jedoch nicht einfach, einen Studienplatz zu erhalten - und kann man kein Konzertfachstudium vorweisen, hat man so gut wie keine Chance auf eine Orchesterstelle.

Zuzana, Schülerin der 7. Klasse, befindet sich bereits im Vorbereitungslehrgang für die Uni und übt mehrere Stunden täglich. Was sie einmal studieren möchte? "Ganz klar: Geige", sagt sie. Das Streichinstrument zählt neben Klavier und Querflöte zu den "Klassikern" am Musikgymnasium, weshalb es unter ihnen auch die höchste Konkurrenz gibt. Fagott, Oboe und Kontrabass sind eher Nischeninstrumente. Dafür gibt es für sie allerdings auch weniger Orchesterplätze. (Sarah Lehner, DER STANDARD, 20.3.2013)