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Zypern hatte Russland um eine Verlängerung eines Kredits und um einen Zinsnachlass gebeten.

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Der zypriotische Finanzminister Michael Sarris muss Moskau um Hilfe bitten.

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Göttlicher Segen ist gefragt: Zyperns Präsident Nikos Anastasiades erbittet Rat bei dem orthodoxen Erzbischof Chrysostomos.

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Nikosia/Wien/Berlin - Nach dem Scheitern des Rettungspakets im zypriotischen Parlament versucht Zypern, die drohende Staatspleite abzuwenden. Die Hoffnungen liegen nun auf Russland. Staatspräsident Nikos Anastasiades telefonierte nur wenige Minuten nach der gescheiterten Abstimmung mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin. Nun will man sich bald treffen.

Zuvor traf Anastasiades die Vorsitzenden aller zypriotischen Parteien und den Erzbischof Chrysostomos. Die zypriotische Kirche bietet dem Staat zur Überwindung der Krise ihr gesamtes Geld an. "Die Kirche und die Klöster werden für die Rettung des Landes alles zur Verfügung stellen", erklärte Erzbischof Chrysostomos nach einem Treffen mit Anastasiades.

Russischer Hilfskredit

Russische Unternehmen haben seit Jahren aus Steuergründen Milliardensummen nach Zypern transferiert. Auf der verzweifelten Suche nach Geldquellen ist der zypriotische Finanzminister Michalis Sarris am Dienstag nach Moskau geflogen. Er hoffe, dass noch am Mittwoch eine Vereinbarung über einen bilateralen Hilfskredit getroffen werden könnte. Ersten Informationen zufolge gibt es noch keine Einigung. Zypern hatte Russland um eine Verlängerung eines existierenden Kredits im Volumen von 2,5 Milliarden Euro um fünf Jahre sowie um einen Zinsnachlass gebeten. Sarris dazu: "Wir hoffen auf ein gutes Ergebnis, aber wir können nichts vorhersagen."

Im Spiel ist auch der Verkauf von Erdgasrechten an Russland. Da hier die Infrastruktur noch nicht steht, wird es aber in einem etwaigen Hilfskredit Russlands vorübergehend als Pfand herhalten müssen.

Den Finanzmärkten wiederum scheint diese Unsicherheit nichts zu machen. Der Euro ist wieder über 1,29 Dollar gestiegen. Europas Börsen haben ihren Sinkflug gestoppt. (siehe unsere Marktberichte).

Bankenfeiertage

Unklar ist auch, wie es mit den Banken weitergeht. Sie werden voraussichtlich bis kommenden Dienstag geschlossen bleiben, wie die Nachrichtenagentur dpa aus Kreisen der Regierung und der Zentralbank Zyperns erfuhr. Offiziell wurde dies jedoch nicht bestätigt. Eine Erklärung sollte am Mittwochnachmittag ausgegeben werden.

Zudem soll es für unbestimmte Zeit Einschränkungen für Überweisungen ins Ausland geben. Ein entsprechendes Gesetz über Kapitalverkehrskontrollen werde am Mittwoch ausgearbeitet.

Schizophrene Herangehensweise

Bei der entscheidenden Abstimmung im Parlament am Dienstag hatte kein einziger Abgeordneter die geplante und hoch umstrittene Zwangsabgabe auf Bankguthaben, die einige von ihnen selbst ausgearbeitet hatten, mitgetragen. Sie ist aber Voraussetzung für das am Wochenende geschnürte internationale Hilfspaket der Europartner. Das Geld in der zypriotischen Staatskasse reicht nach früheren Regierungsangaben indes noch bis Mai.

Da das zypriotische Parlament den Beitrag des Landes zum Rettungspaket ablehnt, sind auch die Zusagen von EU und IWF hinfällig. Damit würden die Verhandlungen zur Rettung Zyperns wieder bei Null anfangen, sagte OeNB-Chef Ewald Nowotny in der "ZiB2". Die Euroländer würden aber dem Land nicht den Ausstieg aus der Währungsunion nahelegen.

Austritt aus Eurozone

Nicht die EU, sehr wohl aber die Eurozone könnte Zypern verlassen, meinte Hubert Faustmann von der Universität Nikosia im Ö1-Morgenjournal. Momentan "scheint alles möglich." Die große Sorge der Zypern sei, dass die Geschäftsgrundlage des zypriotischen Finanzsystems zerstört wird und das Land noch tiefer in die Krise stürzt.

Präsident Anastadiases ist angeschlagen und steht unter erheblichem Druck. Es gehe um sein politisches Überleben in diesen Tagen, so Faustmann. Offen ist auch, wann die Banken wieder aufsperren. Das Vertrauen der Anleger sei jedenfalls bereits zerstört, so Faustmann im ORF-Radio: "Ich habe große Befürchtungen."

Keine Experimente

Präsident Anastasiades hatte unter dem Druck massiver Proteste die einmalige Zwangsabgabe für Bankkunden bereits abgeschwächt. Das veränderte Gesetz sollte nunmehr Guthaben bis zu 20.000 Euro verschonen. Dies hätte aber voraussichtlich bedeutet, dass das Land aus der Abgabe nicht wie geplant 5,8 Milliarden Euro lukrieren kann. Dies hatte die Eurogruppe aber zur Voraussetzung für Änderungen an dem Rettungspaket gemacht. Die Euroländer hatten Zypern am Wochenende bis zu 10 Milliarden Euro zugesagt, wenn das Land selbst den vereinbarten Beitrag leistet.

Im Stich lassen will die Eurogruppe ihren Schützling aber nicht. Das kleine Zypern, auf das nur 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung der EU entfällt, pleitegehen zu lassen, wäre "ein Experiment, das wir an sich lieber nicht machen wollen", so Nowotny. Eine Pleite Zyperns wäre "ein schreckliches Szenario", ergänzt Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP), die am Mittwochnachmittag eine "Dringliche Anfrage" des BZÖ zum Thema beantworten wird. Die Europäische Zentralbank (EZB) versicherte, sie werde die Liquiditätsversorgung der Banken in Zypern weiter sicherstellen.

Innerdeutscher Kampf

Der deutsche SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel gibt auch der deutschen Bundesregierung Schuld an dem Zypern-Debakel. "Angela Merkel ist mitverantwortlich dafür, dass in Zypern Kleinsparer die Zeche zahlen sollen - aber die Bankeigentümer ungeschoren davonkommen", sagte Gabriel zu "Spiegel Online". Die Kanzlerin habe zugelassen, dass erstmals in der Euro-Krise Kontoinhaber "faktisch teilenteignet" würden.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) betonte hingegen: "Wir haben ausreichend Vorsorge getroffen, dass die Entscheidung auf Zypern keine negativen Auswirkungen auf den Rest der Eurozone haben wird." (APA/Reuters/red, derStandard.at, 20.3.2013)