Nach monatelangen Abbrucharbeiten ist von der einst stolzen Konzernzentrale der Austrian Airlines in Oberlaa nichts mehr übrig. Das 1978 fertiggestellte Gebäude des Wiener Architekten Georg Lippert wurde ohne großen Widerhall in der Öffentlichkeit abgerissen. Auch das Denkmalamt zeigte kaum Interesse, das "Bauwerk von internationaler Bedeutung" (Jan Tabor) zu retten. So verschwand ein weiteres wichtiges Gebäude der Wiener Nachkriegszeit für immer.

Der Wiener Architekt Wilhelm Holzbauer (unter anderem bekannt für die Architektur der meisten Wiener U-Bahn-Stationen) staunte nicht schlecht, als er 1978 den Bau der neuen Konzernzentrale der Austrian Airlines in Wien-Oberlaa sah: Auf dem Dach des breiten und schlicht gehaltenen Bürohauses stand ein selbstbewusster, weithin sichtbarer "Überwachungsturm".

Foto: michael hierner / www.hierner.info

Georg Lippert, der Architekt der Konzernzentrale, hatte damals Holzbauers zentrale Idee für das neue Amsterdamer Rathaus schlicht und einfach abgekupfert und daraus ein Symbol der Macht geformt: Oben saßen die Vorstände und Manager, darunter - mit genügend Abstand - die Angestellten.

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"Ich habe versucht, mich über das Plagiat nicht zu ärgern, letztendlich war mein Entwurf ja auch größer", sagt der inzwischen 82-jährige Holzbauer. Das Motiv der Hierarchie zog sich in dem damals 500 Millionen Schilling (rund 36 Millionen Euro) teuren Gebäude durch wie selten zuvor. Für die Elite gab es oben Luxus, für die Mitarbeiter unten nur Notwendiges.

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Inzwischen hat sich in der Luftfahrt aber vieles geändert. "Fliegen war damals etwas Exklusives, Luxuriöses und Elitäres. Ein Pilot war eine Respektsperson, er hatte einen Beruf, vor dem jeder niedergekniet ist", sagte eine Mitarbeiterin, die im unteren Bereich des Gebäudes arbeitete.

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Spektakulär war der Ausblick von der damaligen "Chefetage". Das 32.664 Quadratmeter große Grundstück war einst aufgrund seiner Nähe zum Flughafen von der Stadt Wien der AUA angeboten worden, um eine Abwanderung des imageträchtigen Unternehmens nach Niederösterreich zu verhindern.

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Das ländliche Umfeld hatte seine Vor- und Nachteile. In welcher Konzernzentrale sonst konnte man Hirschen und Feldhasen zusehen?

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Doch die Lage hatte auch ihre negativen Seiten. Zum Beispiel den Bahnübergang, der jedes Mal passiert werden musste, wenn man zum Flughafen fuhr - dieses Nadelöhr sorgte oft für lästige Wartezeiten.

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2007 wurde die AUA aus Oberlaa abgesiedelt, 800 Mitarbeiter (darunter 35 von der Lauda Air) zogen in ein neues Gebäude am Flughafen in Schwechat. Es wurde ironischerweise von Wilhelm Holzbauer gebaut - jenem Architekten, von dem Lippert einst die Idee des "Überwachungsturms" plagiiert hatte. Zurück blieb ein leeres Gebäude mit viel Geschichte, aber wenig Zukunft.

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Nachdem das Grundstück wieder an die Stadt Wien zurückgefallen und eine Nachnutzung (etwa als Fachhochschule) gescheitert war, fuhren im Herbst 2012 die Abbruchmaschinen auf. Mittlerweile sind auch die letzten Reste des Gebäudes entfernt worden.

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Mit dem Gebäude verschwand nicht nur ein Symbol der einst österreichischen und inzwischen deutschen Austrian Airlines, sondern auch ein weithin sichtbares architektonisches Wahrzeichen im Süden Wiens. Auf dem nun freien Gelände sollen voraussichtlich Wohnungen gebaut werden. (Michael Hierner, derStandard.at, 19.3.2013)

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