Seit Einführung der staatlichen Studienbeihilfe im Jahr 1963 steigt die Zahl der weiblichen Studierenden kontinuierlich an. Den Frauen ist es zu verdanken, dass das Bildungsniveau in Österreich steigt.

 

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Immer mehr Frauen schließen ein Hochschulstudium ab. Das geht aus der Studie "Bildung in Zahlen" der Statistik Austria hervor. In der Vergangenheit war der Anteil der 25- bis 64-Jährigen mit Tertiärabschluss bei Männern höher. Bis 2001 konnten Frauen aufholen und seither die Gruppe der Männer sogar deutlich überholen. Unter den Frauen im Haupterwerbsalter hatten 2010 bereits 15,8 Prozent einen Tertiärabschluss. Bei den Männern betrug der Anteil 14,1 Prozent.

15 Prozent mit Hochschulabschluss

Insgesamt verfügten laut Statistik Austria im Jahr 2010 14,9 Prozent der Personen im Haupterwerbsalter von 25 bis 64 Jahren über einen Hochschul-, Akademie- oder Kollegabschluss. Im Vergleich zum Jahr davor entspricht dies einer Zunahme von 0,3 Prozent. Nimmt man Zahlen aus dem Jahr 2001 her, hat sich der Anteil der Personen mit Tertiärabschluss sogar um 4,4 Prozent erhöht. In den letzten 30 Jahren hat sich der Anteil mehr als verdreifacht.

"Die Zunahme der vergangenen Jahre ist insbesondere auf die gestiegene Beteiligung von Frauen am tertiären Bildungsbereich zurückzuführen", sagte Konrad Pesendorfer, Generaldirektor der Statistik Austria bei der Präsentation.

Bei Akademikerquote hinten

Bei der Akademikerquote liegt Österreich allerdings weiterhin deutlich hinter dem EU-Schnitt. "Was den Anstieg betrifft, sind wir nicht so dynamisch unterwegs wie andere", sagte Pesendorfer. Die Höhe der Akademikerquote sei aber auch eine Frage der Definition. So liegt Österreich bei der in internationalen Vergleichen herangezogenen Tertiärquote (Hochschul-, Akademie- und Kollegabschlüsse sowie Meister- und Werkmeisterprüfungen) nach wie vor im Hintertreffen: 2010 wiesen 19,3 Prozent der österreichischen Bevölkerung im Alter von 25 bis 64 Jahren einen Tertiärabschluss auf - im Schnitt jener 21 EU-Staaten, die auch OECD-Mitglied sind, sind es dagegen 27,6 Prozent. Da die Akademikerquote in vielen Ländern rascher als in Österreich steigt, vergrößerte sich dieser Abstand zuletzt sogar.

Anders sieht es aus, wenn man die von der EU für ihr "Europa2020-Ziel" herangezogene Maßzahl verwendet. Nach dieser breiteren Definition würden etwa auch die BHS-Abschlüsse in die Tertiärquote einbezogen und der "Akademiker"-Anteil in der Gruppe der für das EU-Ziel maßgeblichen 30- bis 34-Jährigen schlagartig auf 36,8 Prozent anwachsen. Damit läge Österreich leicht über dem EU-Schnitt und nur knapp unter dem für 2020 ausgegebenen Ziel von 40 Prozent.

Bildung wird vererbt

Die Statistik Austria stellte außerdem fest, dass Bildung nach wie vor vererbt wird und das Bildungsniveau der Eltern ausschlaggebend ist. 53 Prozent der 25- bis 44-Jährigen aus einem akademischen Elternhaus erreichen einen tertiären Abschluss. Nur fünf Prozent der Personen in dieser Altersgruppe mit Eltern, die höchstens einen Pflichtschulabschluss haben, erreichen einen Tertiärabschluss. "Das ist eine Gruppe, die man auf jeden Fall genauer betrachten muss", appellierte Pesendorfer an die verantwortlichen Politiker.

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Klassenschülerzahl sinkt

Eine andere Maßnahme der Politik macht sich jedenfalls bereits bemerkbar. Vor fünf Jahren wurde die nach Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen an Volksschulen, Hauptschulen, AHS-Unterstufe und Polytechnischen Schulen beschlossen, seither weist auch die Statistik sinkende Klassengrößen in allen Schultypen auf. Über Auswirkungen der Begrenzung der Klassenschülerhochzahl sind aber noch keine Ergebnisse bekannt.

Unterstufe für weiteren Bildungsweg entscheidend

Interessant ist auch zu sehen, dass trotz Einführung der Neuen Mittelschule im Schuljahr 2008/09 der Anteil der Schülerinnen und Schüler an den AHS-Unterstufen konstant bei einem Drittel bleibt. Die Einführung der Neuen Mittelschule änderte also kaum etwas am Anteil der Kinder, die eine AHS-Unterstufe besuchen.

Nach dem Besuch einer AHS-Unterstufe ist die Fortsetzung der Bildungslaufbahn jedoch eher gegeben. So wechselten rund 93 Prozent der Abgänger einer AHS-Unterstufe an eine maturaführende Schule (62 Prozent AHS-Oberstufe, 31 Prozent berufsbildende höhere Schule/BHS), aber nur 38 Prozent der Hauptschulabgänger (acht Prozent AHS-Oberstufe, 30 Prozent BHS). Die restlichen Hauptschul-Absolventen wechseln vor allem in Polytechnische Schulen (26 Prozent), berufsbildende mittlere Schulen (21 Prozent) und Berufsschulen (acht Prozent) bzw. treten gar keine weiterführende Schule an (sechs Prozent).

85 Prozent aller AHS-Absolventen sind innerhalb von drei Jahren nach der Matura an einer Hochschule inskribiert, Absolventen einer BHS zu 55 Prozent.

Studenten der Naturwissenschaften seit 1998 verdoppelt

Die Zahl der Studierenden an öffentlichen Universitäten steigt weiter. 2011/12 waren 272.000 Personen inskribiert. Am häufigsten werden geisteswissenschaftliche Studien belegt (28 Prozent), die Zahl der naturwissenschaftlichen Studien (derzeit 15 Prozent aller Studenten) verdoppelte sich seit dem Studienjahr 1998/99 beinahe von rund 26.000 auf rund 51.000.

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Beim Medizin-Studium sind die Rückgänge der Studierenden-Zahlen deutlich merkbar (derzeit studieren 4 Prozent Medizin). Grund dafür sind die im Studienjahr 2006/07 eingeführten Zugangsbeschränkungen, Die Zahl der Studierenden sank von knapp 20.000 auf zuletzt nur mehr rund 13.000.

Immer mehr FH-Studierende

Die Studierenden an Fachhochschulen nehmen hingegen deutlich zu. Die Zahl der belegten Studien an Fachhochschulen stieg von rund 8.000 (1998/99) auf zuletzt rund 39.000. Es handelt sich dabei überwiegend um Studien aus den Bereichen Wirtschaft und Technik. 

AK fordert Reformen

Die Arbeiterkammer (AK) wertete es in einer Reaktion als "Alarmzeichen", dass die Bildungschancen noch immer stark vererbt werden. AK-Präsident Rudolf Kaske forderte deshalb in einer Aussendung weiter Reformen wie ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr, eine neu gestaltete neunte Schulstufe zur Verringerung der hohen Verlustraten an weiterführenden Schulen sowie mehr Ganztagsschulen. 

Töchterle: "Gelingendes Leben" ohne Uni-Abschluss

Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) sprach sich gegenüber der APA gegen eine generelle Forderung nach einer höhere Akademikerrate aus. Es gebe ein gelingendes Leben auch außerhalb der Universitäten. "Wir müssen die Vielfalt der Ausbildungen nützen und sämtliche Berufsausbildungen schätzen - ein guter Facharbeiter hat zweifellos einen hohen Wert und kann nicht als Bildungsabsteiger gesehen werden." Volkswirtschaftlich hätten Deutschland, Österreich und die Schweiz trotz einer nach engen Vergleichsmaßstäben eher niedrigen Akademikerquote gute Wirtschaftsdaten, niedrige Arbeitslosigkeit und hohen Wohlstand.

Als Zeichen massiver Verfehlungen in der Hochschulpolitik der vergangenen Jahre sieht hingegen die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) den Bericht. So belege der Rückgang in den sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Studien von rund 64.000 belegten Studien im Jahr 1998/99 auf zuletzt 61.000, dass "die Probleme in den sogenannten Massenfächern hausgemacht sind". Vor diesem Hintergrund es geradezu absurd, dass die Wirtschaftswissenschaften im Zuge des Testlaufs zur Studienplatzfinanzierung beschränkt werden können. (APA/rwh, derStandard.at, 19.3.2013)