Zwar gilt Zypern allein schon wegen des niedrigen Körperschaftssteuersatzes von zehn Prozent als attraktiv, das ist aber bei weitem nicht das einzige Zuckerl. Größter Beliebtheit unter Investoren erfreut sich der Südteil der Insel vor allem wegen des sogenannten "Dividendenroutings". Dabei werden Weiterausschüttungen einer Holding an Nichtzyprioten mit keiner Quellensteuer belastet.

Ein Beispiel: Ein russischer Eigentümer gründet eine Holding in Zypern, die Beteiligungen in Österreich und Deutschland hält. Die Ausschüttung der Gewinne nach Zypern sind – wie in der ganzen EU – dank der Mutter-Tochter-Richtlinie steuerbefreit. Zudem werden reine Beteiligungserlöse in Zypern nicht besteuert.

Wettbewerbsvorteil

In Summe ergibt das einen klaren Wettbewerbsvorteil, der von rund 40.000 Gesellschaften genützt werden soll. Aus mutmaßlichen österreichischen Korruptionsfällen sind beispielsweise die Buwog-Provision an Peter Hocheggers Astropolis, die Geldflüsse über die Man Angelus von Karl-Heinz Grasser oder die Martin Schlaff zurechenbare Gesellschaft Holdenhurst als Vehikel auf Zypern bekannt. Zudem nutzen mehrere Banken die Vorteile der Insel.

In Österreich nutzte wie berichtet Oleg Deripaska, der seine Beteiligung am österreichischen Baukonzern Strabag über die Rasperia Trading mit Sitz in Limassol hält, das günstige Zypern-Regime. Auch der ukrainische Oligarch Dmytro Firtash schleuste seine Gewinne (2008 waren es 272 Millionen Euro) aus dem politisch heiß umstrittenen Gashandel vom Schweizer Steuerparadies Zug über seine Wiener Holding Centragas auf Briefkästen in Nikosia.

Input der WU

Großen Anteil am Steuersystem  hat der verstorbene Steuerrechtsexperte Wolfgang Gassner. Er lehrte an der Wirtschaftsuniversität Steuerrecht, war Partner der Beratungsgruppe Deloitte und erstellte im Vorfeld des EU-Beitritts Zyperns 2004 mehrere Arbeiten über eine Reform des Steuersystems. Das Land musste u. a. seine Mehrwert- und Verbrauchsteuern an das europäische Niveau anpassen. Im Gegenzug wurden Unternehmenssteuern gesenkt und Quellensteuern für Ausländer abgeschafft. (as, DER STANDARD, 19.3.2013)