Auf der Leserbriefseite der Krone - dort, wo die Leser wunderbarerweise oft das vorwegnehmen, was sie sich in der Redaktion (noch) nicht zu schreiben trauen - stand dieser Tage der Seitenaufmachertitel: "EU: Die Zeichen des Zerfalls werden immer deutlicher." In der Tat sind strukturelle Schwierigkeiten in der EU evident: Ungarn unter seinem autoritären Führer Viktor Orbán entfernt sich rapide von Demokratie und Rechtsstaat. Großbritannien unter David Cameron spielt ein Spiel, das ungewollt blöd ausgehen könnte. Die Finanzkrise ist immer noch nicht ausgestanden, unter anderem weil der durchgeknallte Egomane Beppe Grillo in Italien die Bildung einer stabilen Regierung und damit einen vernünftigen Reformkurs behindert. Dazu jetzt noch das Bankendrama in Zypern.

Ungarn und Großbritannien sind politische Probleme, lösbar, wenn Orbán über seine katastrophale Wirtschaftspolitik stürzt und Cameron zur Besinnung kommt. Letztlich auch durch eine zugleich harte und kluge Politik in der EU zu lösen. Grillo wird bereits von seinen eigenen Abgeordneten, die im Gegensatz zu ihm konstruktiv sein wollen, unterlaufen. Zypern verschärft allerdings die Dramatik: Ein Run auf die Banken in anderen "Südstaaten" ist jedoch nicht undenkbar und wäre brandgefährlich. Zerfallen wird die EU trotzdem nicht so leicht. Ein Signal der Handlungsfähigkeit von Merkel und Co wäre aber wohl nicht falsch. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 19.3.2013)