Paris - Wer kennt Lion Air? Der französische Präsident François Hollande hatte von der indonesischen Billigairline vielleicht noch nie gehört - am Montag rollte er ihr aber im Élysée-Palast feierlich den roten Teppich aus. Nicht weniger als 234 Airbus-Flugzeuge des Mittelklassetyps A320 bestellt das Unternehmen aus Jakarta. Der Gesamtpreis beläuft sich auf mehr als 18 Milliarden Dollar, es ist eine der größten Flugzeugbestellungen überhaupt.
Jobmotor
169 der bestellten Flugzeuge gehören zur neuen Generation von A320, "Neo" genannt. Ihr Katalogpreis beträgt rund 100 Millionen Dollar pro Stück, doch sind bei Großaufträgen hohe Rabatte üblich. Der Anteil von bloßen Kaufoptionen an den 200 Maschinen blieb vorerst unklar. Hollande lud Lion-Air-Vorsteher Rusdi Kirana und Airbus-Chef Fabrice Brégier am Montag trotzdem in seinen Amtssitz in Paris ein, wo der Kaufvertrag unterschrieben wurde.
"Ich freue mich über die Beschäftigungslage", sagte Hollande, der in Frankreich wegen der drastisch steigenden Arbeitslosigkeit unter Druck steht. Der Präsident sprach von einem "historischen Abkommen", das allein in Frankreich 5000 Arbeitsplätze für die kommenden zehn Jahre garantiere.
Für Airbus ist die Order aus Jakarta auch ein symbolischer Erfolg: Lion Air hatte seine Flotte bisher nur mit Modellen der amerikanischen Konkurrenz ausgestattet. Boeing hatte der Airline 2011 selbst 230 Maschinen des Typs B737 für knapp 22 Milliarden Dollar verkauft; dies galt damals als größter Auftrag der zivilen Luftfahrt. Airbus erhält nun mit dem indonesischen Low-Cost-Flieger einen neuen Großkunden: Die 1999 gegründete Lion Air ist heute die größte private Fluggesellschaft des weitverzweigten indonesischen Inselarchipels, wo die Luftfahrt Zuwachsraten von mehr als 20 Prozent im Jahr erlebt.
Milliardenaufträge
Die Megabestellung ist zudem nur die vorläufig letzte einer ganzen Serie für Airbus. Erst am Freitag hatte Turkish Airlines 82 Maschinen der A320-Familie im Wert von 9,3 Milliarden Dollar geordert und sich eine Option auf weitere 35 Flugzeuge offengehalten. Am Vortag hatte Lufthansa 100 Flugzeuge der gleichen Airbus-Reihe und dazu zwei Doppeldeck-Airbus A380 bestellt. Kostenpunkt: 11,2 Milliarden Dollar.
Boeing dürfte in den kommenden Tagen seinerseits mit Erfolgsmeldungen kontern. Die irische Billigfluglinie Ryanair plant beim US-Konzern eine Großbestellung in der Größenordnung von 15 Milliarden Dollar über 170 Maschinen des Typs B737 - dem direkten Konkurrenten des Airbus-Bestsellers A320.
Doch nicht nur in dieser Kategorie liefern sich Europäer und Amerikaner ein hartes Duell. Boeing will die Batterieprobleme beim "Dreamliner" B787 bald gelöst haben. Dies würde den Druck auf den neuen A350 von Airbus erhöhen, wo die knifflige Elektrizitätsfrage noch nicht restlos geklärt ist.
A38ß stottert
Der europäische Flugzeugbauer hat dafür vergangene Woche mit viel Werbeaufwand den hundertsten A380 an Malaysia Airlines ausgeliefert. Die Aufträge für diesen Riesen-Airbus bleiben allerdings hinter den Erwartungen zurück, die Gewinnschwelle ist noch nicht erreicht.
Airbus teilte dafür mit, dass die derzeit fliegenden A380 schon gut 100. 000 Flüge absolviert hätten, was aufgrund der hohen Sitzzahl 40.000 Flüge eingespart habe; deshalb seien 5,7 Millionen Tonnen an CO2 weniger produziert worden. Wie viel CO2 die hunderten neuen A320-Maschinen ausstoßen werden, rechnet Airbus nicht vor. (Stefan Brändle, DER STANDARD, 19.3.2013)