Vermieter als böser Bube: Die aktuelle Mitglieder-Werbung der Mietervereinigung ...

Bild: MVÖ

... stößt in der Immobilienwirtschaft auf massive Kritik.

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Jetzt wird schon wieder übers Wohnen diskutiert, und mit jedem Tag scheint sich die innenpolitische Debatte über die Wohnbauförderung mehr festzufahren. Die ohnehin noch recht frischen Erinnerungen an den vergangenen Herbst sind wieder präsent, als Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou quasi über Nacht eine 7-Euro-Mietpreisdeckel-Debatte entfacht hatte.

Nun begann die Diskussion bei der Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung, die von sämtlichen Vertretern der Bauwirtschaft ohnehin seit vielen Jahren gefordert wird und die neben der SPÖ auch die Grünen und die FPÖ wollen. Und auch maßgebliche Teile der Bundes-ÖVP sind dafür, allen voran Vizekanzler Michael Spindelegger und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Sie scheinen aber ihre Landesparteien, insbesondere jene in Nieder- und Oberösterreich, in dieser Frage kaum überzeugen, geschweige denn an die Kandare nehmen zu können.

Spindelegger hat die Debatte inzwischen weitergedreht und fordert nun, dass die Wiedereinführung der Zweckbindung mit einer großangelegten "Wohnbau-Initiative" junktimiert wird: Pensionskassen und Mitarbeitervorsorge-Kassen sollen zehn Prozent ihrer Mittel in den gemeinnützigen Wohnbau investieren können, und gut verdienende Bewohner von Gemeindebauten sollen entweder marktübliche Mieten zahlen oder die Wohnung kaufen - oder ausziehen.

Vermieter-"Bashing"

Damit ist die Debatte schon wieder beim Wohnrecht angelangt. Und sie droht, wieder im ebenso unkontrollierten wie ergebnislosen Hinhauen zu enden.

Da kommt es den Vertretern der Immobilienwirtschaft natürlich gerade recht, dass die SP-nahe Mietervereinigung Österreich (MVÖ) in ihrer diesjährigen, vor wenigen Tagen verschickten Mitgliederwerbung in Wien einen "sehr aggressiven" Ton anschlägt. In einer Postwurfsendung an die Wiener Haushalte wird kein gutes Haar am "Vermieter an sich" gelassen. Auf dem Deckblatt findet sich das Porträt eines Mannes in nachdenklicher Pose, seine Augen sind von einem schwarzen Balken verdeckt. "Als Vermieter sag ich: Bitte nicht öffnen! Das ist nur eine Werbung der Mietervereinigung. Und mit denen hab ich nix als Scherereien", steht darunter geschrieben.

In derselben Tonlage geht es im Inneren der Aussendung weiter, dort sprechen dann aber die Mieter: "Mein Vermieter war bei der Betriebskostenabrechnung jahrelang sehr kreativ. Bis ich Mitglied der Mietervereinigung geworden bin" sagt ein älterer Herr, und eine junge Frau wird zitiert mit den Worten: "Ich hätte nie gedacht, dass mich schon mein erster Vermieter über den Tisch ziehen will. Dank der Mietervereinigung hat er dann zurückgezogen."

"Klassenkampf pur"

Vertreter der Immobilienwirtschaft zeigen sich über die Postwurfsendung schwer irritiert. Von "Klassenkampf pur" war da auf der - übrigens sehr gut besuchten - "1. Wiener Immobilienmesse" am vergangenen Wochenende die Rede. Und davon, dass das die Bemühungen der gesamten Branche nach dem sehnsüchtig erhofften "großen Wurf" im Wohnrecht eher torpedieren als unterstützen würde.

Mietervereinigungs-Präsident Georg Niedermühlbichler - im Brotberuf Wiener SP-Landtagsabgeordneter - lässt die Kritik aber relativ kalt. Der Erfolg der Aktion spräche nämlich für sich: 150 neue Mitgliedsanträge konnte man nach den ersten drei Tagen bereits einheimsen, sagt er im Gespräch mit derStandard.at; sein Ziel sind 500 neue Mitglieder.

Ganz unumstritten scheint die Werbelinie aber auch intern nicht gewesen zu sein. Immerhin gibt der MVÖ-Präsident zu, diesmal "etwas länger mit der Agentur darüber diskutiert" zu haben, ob man die Sujets tatsächlich verwenden solle.

Und auch auf ihrer eigenen Facebook-Seite musste die Mietervereinigung dafür schon Kritik hinnehmen. Eine Userin mokierte sich dort über den "aggressiven" Stil, und dass damit "alle Vermieter über einen Kamm geschoren" würden. "Werbung muss auffällig sein", antwortete man darauf, und: "Es ist nicht die Aufgabe der MVÖ, auf die Befindlichkeiten der Vermieterseite Rücksicht zu nehmen. Außerdem gehört es auch nicht zu unseren Aufgaben, die 'braven' Vermieter zu loben, sondern jenen MieterInnen unter die Arme zu greifen, welche von ihren Vermietern ungerecht behandelt werden. Und das sind leider nicht Wenige." (Martin Putschögl, derStandard.at, 18.3.2013)