Traditionelle Medienunternehmen müssen neue und neuartige Einnahmequellen suchen und herkömmliche Geschäftsmodelle weiterführen, sagt Co-Autor Rick Edmonds.

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Jährlich gibt das "Pew Research Center" einen ausführlichen Bericht über den Zustand der US-Medienindustrie - "The State of the News Media" - heraus. Für den deutschsprachigen Raum fehlt eine umfassende, datenbasierte Analyse. Vielleicht besser für die Seelenruhe der Branche.

Viel Pessimismus ...

Der US-Report, der heute Nacht publiziert wurde, lässt wenig Platz für Optimismus in der Medienindustrie: Die Anzahl der Vollzeit-Journalisten bei US-Verlagen fällt weiter und hat mit rund 40.000 den Stand von 1978 erreicht. Dem gegenüber steht die Verfügbarkeit von mehr Manpower und unmittelbaren Kommunikationskanälen für Politik, Verwaltung und Wirtschaft - und damit die Möglichkeit zu ungefilterter Einflussnahme.

Dem Publikum wiederum ist die ökonomische Krise der Nachrichtenindustrie kaum bewusst, es spürt aber sehr wohl einen Qualitätsverlust. 60 Prozent der US-Amerikaner sagen, dass sie wenig oder nichts von den Problemen der Branche gehört haben. Gleichzeitig geben 31 Prozent an, Angebote von Zeitungen und Sendern nicht mehr zu nutzen, weil sie dort nicht mehr die gewohnte Nachrichtenqualität erhalten. Kein Wunder: Im Lokal-TV etwa werden News kontinuierlich weniger, während Anteile von Wetter, Sport, Verkehrsinfo steigen.

Auch die Entwicklung des Werbemarkts bietet wenig Beruhigung: Einnahmen aus Printwerbung sinken weiter, im letzten Jahr um 7,3 Prozent, während Werbung auf digitalen Plattformen langsamer wächst, zuletzt um 3 Prozent, und noch immer von deutlich niedrigerem Niveau ausgehend. Anders gesagt: Auf 16 verlorene Print-Dollars kommt nur ein gewonnener Online-Dollar. Und gerade in den beiden Bereichen, die noch vor einem Jahr vielversprechend schienen, werden News-Unternehmen auch schon wieder an den Rand gedrängt: Mobil und lokal. 72 Prozent des Gesamtbudgets für Mobilwerbung gehen an sechs große Unternehmen - keines davon ein Nachrichtenunternehmen.

Auch für lokale, individualisierte Werbung - "the next big thing" - haben Google und Facebook die deutlich bessere Ausgangsposition.

... und ein wenig Platz für Optimismus ...

Unter den wenigen positiven Nachrichten: Erstmals seit rund zehn Jahren haben sich Zeitungsauflagen stabilisiert. Einige digitale Bezahlmodelle funktionieren, nicht nur für die "New York Times", sondern auch für kleine und mittlere Zeitungen. Und Native Ads - das Digitalmodell zu Advertorials - waren (wenn auch von niedrigem Niveau ausgehend) 2012 um 39 Prozent höher als 2011. Letzteres mag Ökonomen positiv stimmen, lässt aber wiederum Fragen nach Abgrenzung und Unterscheidbarkeit von Nachrichten und Werbung offen.

Positiv stimmen mag auch: Der Nachrichtenkonsum wächst. Die Krise der Nachrichten-Unternehmen ist nicht Folge mangelnden Publikumsinteresses, sondern Krise der traditionellen Geschäftsmodelle.

Fest steht für Rick Edmonds, Co-Autor der Studie: Traditionelle Medienunternehmen - wie auch Start-Ups - müssen neue und neuartige Einnahmequellen suchen, digitales Marketing, gesponserten Content, Eventschienen, traditionelle Ressourcen wie etwa Druckereien zur Erschließung neuer Geschäftsfelder nutzen - und gleichzeitig müssen sie herkömmliche Geschäftsmodelle weiterführen. Sie müssen ihre Präsenz auf mobilen Plattformen ausbauen. Dort sind die User. Rund ein Drittel des Traffic wird etwa beim "Wall Street Journal" von Mobile generiert, Anteil schnell wachsend. Und sie müssen ihr Publikum dazu bringen, auch für digitale Nachrichten zu bezahlen.

... jedenfalls evidenzbasiert

"The State of the News Media 2013" liefert dafür Evidenz. Ausführlich und detailliert, aufgegliedert in mehrere Sektoren von Digital Developments über Newspapers, Network, Cable, Local TV, Magazines und Audio bis zu Ethnic sowie vier Special Reports. Aufbereitet in Text und Grafiken. Hier konnten nur einige ganz wenige Details daraus zitiert werden, der Report ist ein wahrer Datenschatz für alle, die sich mit den Entwicklungen der Medienbranche auseinandersetzen.

Dennoch: Die Erkenntnisse aus dem US-Markt sind nicht eins zu eins bei uns anwendbar. Deshalb der Appell an Politik, Forschungsförderung, Stiftungen, Sponsoren: Auch für den deutschsprachigen, besser noch den europäischen Raum brauchen wir einen News-Report. Auf die Gefahr hin zwar, dass die Branche dann noch pessimistischer wird. Das dann aber immerhin datenbasiert. (Daniela Kraus, derStandard.at, 18.3.2013)