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So manch Zypriote fühlt sich um sein Erspartes betrogen.

 

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Zypriotische Bankomaten werfen kein Geld mehr aus.

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Nikosia - Mit großer Unsicherheit beginnt für die Bürger Zyperns die Woche: Hieß es zunächst noch, das Parlament soll am Montag über das europäische Rettungspaket für das Land abstimmen, wurde das Votum auf Dienstag verschoben. Es ist somit notwendig, weiter über das Rettungspaket zu beraten. Die Eurogruppe telefoniert zum Thema noch Montagabend. Zudem bleiben die Banken am Dienstag und am Mittwoch geschlossen.

Möglicher Freibetrag

Besonders strittig ist dabei die geplante Zwangsabgabe aller Kontoinhaber in Zypern, die dadurch an der Bankenrettung beteiligt werden sollen. Dieser Plan hat bei den Zyprioten für Proteste und an den Finanzmärkten für starke Verunsicherung gesorgt. Dort wird ein massiver Vertrauensverlust der Bankkunden und ein Kapitalabfluss aus anderen europäischen Problemländern befürchtet.

Bisher ist vorgesehen, dass Zypern zehn Milliarden Euro Hilfe bekommt. Im Gegenzug sollen seine Bankkunden einheitlich auf Guthaben über 100 000 Euro 9,9 Prozent abgeben und damit über fünf Milliarden Euro zum Rettungspaket beisteuern. Politischen Kreisen in Nikosia zufolge will die zyprische Regierung nun in letzter Minute die Belastung von Kleinsparern reduzieren. So wird über einen Freibetrag von 20.000 Euro gemunkelt.

Ökonomen alarmiert

Der deutsche Wirtschaftsweise Peter Bofinger hat die geplante Beteiligung von Kunden zypriotischer Banken an dem Hilfspaket für das Land scharf kritisiert. "Diese Quasi-Enteignung der Anleger würde nicht nur das Bankensystem in Zypern gefährden, sondern wäre eine Bedrohung für das Finanzsystem im gesamten Euroraum", sagte Bofinger der "Passauer Neuen Presse". Die Regelung müsse revidiert werden, andernfalls werde sich die Eurokrise erneut verschärfen.

Bofinger beklagte einen "Tabubruch". Dieser könne auch Sparer in anderen Ländern so verunsichern, dass sie ihre Konten räumen würden. "Zypern zu stabilisieren, ohne die privaten Anleger zu beteiligen, wäre besser gewesen", resümierte der Ökonom. Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek sieht das im Gespräch mit derStandard.at ganz anders: "Den aufgeblasenen Bankensektor in Zypern auf die richtige Größe zu schrumpfen geht nicht ohne Schmerzen und auch nicht ohne Beteiligung Privater." Die Zypernhilfe sei maßgeschneidert und genau für dieses Problem konzipiert, so Brezinschek. Für Sparer und Anleger in anderen Ländern sieht er deswegen keinen Grund zur Sorge.

Ähnlich sieht das Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP). Anders als in Griechenland sei es im Fall Zypern nicht über eine Kürzung der Löhne gegangen, da man aufgrund des aufgeblasenen Finanzsektors primär bei den Banken ansetzen müsse. Es sei auch zu wenig Fremdkapital vorhanden gewesen, um die Verlustabdeckung den Gläubigern der Banken aufzubürden.

"Riskantes Manöver"

Kritisch und eher im Sinne Bofingers äußerte sich hingegen auch Gustav Horn, Direktor des gewerkschaftsnahen deutschen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). Gegenüber handelsblatt.de meinte er, die Beteiligung der Bankkunden am Rettungspaket für Zypern sei "ein riskantes Manöver mit ungewissem Ausgang". Es könnte Anleger in allen Krisenländern verschrecken und zum Räumen ihrer Konten veranlassen. Das würde Europa in eine dramatische Bankenkrise stürzen, die nur die Europäische Zentralbank (EZB) mit "massiven Interventionen" beenden könnte.

Beunruhigt zeigen sich auch Ökonomen bei Banken und Investmenthäusern. Ein Renten-Analyst bei Nomura Securities meint, eine Zwangsabgabe auf Einlage sei bisher undenkbar gewesen. Der Mann hält diese Art von Intervention für eine gefährliche Lösung, da sie Ansteckungsgefahren berge. Ein Händler des Broker-Hauses Capital Spreads befürchtet, dass mit Zypern ein Präzedenz-Fall für andere schuldengeplagte Euro-Länder geschaffen werde.

Sondersteuer verringern

Zyperns Präsident Nicos Anastasiades warb am Sonntag für das Rettungspaket. Er habe die Zwangsabgabe im Gegenzug für die internationale Hilfe akzeptieren müssen, da ansonsten dem Staat die Pleite gedroht hätte. Zugleich bemühte sich die Regierung angesichts der massiven Proteste um eine Änderung der Rettungsvereinbarung in letzter Minute. Außerdem schlug der Präsident vor, die von der Zwangsabgabe betroffenen Bankkunden sollten mit Aktien der Banken entschädigt werden. Diese Anteilsscheine seien durch zukünftige Einnahmen aus dem Verkauf von Erdgas garantiert.

Zypern will nun Kleinsparer eher entlasten und große Vermögen stärker zur Kasse bitten. Für Vermögen oberhalb von 500.000 Euro schlage Zypern nun 15 Prozent vor, berichtet das "Wall Street Journal" unter Berufung auf EU-Beamte. Das birgt Sprengstoff, da laut Finanzministerin Fekter die Europäische Zentralbank (EZB) "massiv Druck gemacht" habe, dass hohe Guthaben "signifikant nicht zweistellig", also deutlich unter zehn Prozent, belastet werden.

Seitens der EZB gibt es mittlerweile aber eine Bestätigung, dass Zypern bei der Ausgestaltung der Abgabe weitgehend freie Hand hat. Eine Wendung, über die sich Fekter angesichts der EZB-Haltung verwundert zeigt.

Aufschrei von Putin

Russlands Präsident Wladimir Putin hat unterdessen eindringlich vor der Verabschiedung der Sonderabgabe gewarnt. Diese sei "unfair, unprofessionell und gefährlich", sagte sein Sprecher. Viele Russen haben ihr Geld in Zypern angelegt. Der Insel-Staat setzt neben den EU-Hilfen auch auf Unterstützung von Russland. EU-Vertreter hatten gesagt, sie rechnen damit, dass Russland seinen Kredit im Volumen von 2,5 Milliarden Euro um fünf Jahre bis 2021 verlängert und möglicherweise seine Konditionen neu verhandelt. 

So ganz unschuldig seien die Russen aber nicht, meinte etwa Bank-Austria-Chef Willibald Cernko. Zur speziellen Rolle russischer Gelder auf Zypern meinte er, es sei ja keine Neuigkeit, dass der Bankensektor Zyperns in Relation zum Land dramatisch überdimensioniert und überbezahlt gewesen sei. Wifo-Chef Karl Aiginger dazu: "Zypern hat Regeln, mit denen Schwarzgeld nicht leicht zu finden ist." (APA/Reuters/red, derStandard.at, 18.3.2013)