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Während der "Gruppo Storico Romano" die Ermordung von Julius Cäsar im Senat nachstellte, blieben auch die politischen Geschehnisse im Senat des Jahres 2013 nicht ohne Folgen.

Foto: Reuters/Gentile

Mit einem geschickten Schachzug hat der linke Partito Democratico am Samstag die Wahl der Vorsitzenden in Abgeordnetenkammer und Senat gewonnen. Kurz vor dem entscheidenden Wahlgang wechselte die Partei die Kandidaten für das zweit- und dritthöchste Staatsamt aus. Statt der altgedienten Kader Dario Franceschini und Anna Finocchiaro entschied man sich für zwei parteilose Bewerber ohne Polit-Erfahrung: die langjährige Sprecherin des Uno-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) Laura Boldrini und den prominenten Antimafia-Staatsanwalt Pietro Grasso. Die 52-Jährige, die sich als Menschenrechtsanwältin einen Namen gemacht hat, wurde mit absoluter Mehrheit gewählt und erntete mit ihrer Forderung nach einem Kurswechsel der Politik großen Beifall.

Grasso gewann die Stichwahl zum Senatspräsidenten gegen Renato Schifani von Silvio Berlusconis Partei Volk der Freiheit (PdL). Der Versuch Mario Montis, für den Posten des Senatspräsidenten zu kandidieren, scheiterte am Widerspruch von Staatschef Giorgio Napolitano: Monti müsse bis zur Bildung einer neuen Regierung als Premier amtieren, um die Stabilität des Landes zu gewährleisten.

Grasso gewann schließlich mit 137 zu 117 Stimmen. Dass Grasso auch von einigen Senatoren der Protestbewegung Fünf Sterne gewählt wurde, sorgte in der Partei für einen Eklat. "Ihr habt uns bereits in der ersten Abstimmung verraten", schimpften Aktivisten im Blog von Beppe Grillo. Andere hatten am Verhalten der Senatoren nichts auszusetzen. Grillo selbst tobte: "Ich will wissen, wer für Grasso gestimmt hat! Jene müssen Konsequenzen ziehen!"

Die Weisung von Fraktionssprecher Vito Crimi, bei der Stichwahl weiße - also ungültige - Stimmzettel abzugeben, hatte unter den 53 Senatoren der Bewegung Protest ausgelöst. Bei der Fraktionssitzung war der Streit dann sogar auf den Gängen zu hören. Vor allem die sizilianischen Senatoren bestanden darauf, in der Stichwahl für den Antimafia-Staatsanwalt zu stimmen.

Präzedenzfall mit Folgen

"Wäre Schifani gewählt worden, hätte man uns zu Hause gesteinigt", empörte sich Senator Francesco Campanella. Schifani sei ein Strohmann Berlusconis, Grasso einer, der zeitlebens im Kampf gegen die Mafia an vorderster Front gestanden habe.

Der Präzedenzfall, der nicht ohne Folgen bleiben wird, demonstriert deutlich die Folgen von Grillos Abgrenzungspsychose zu den traditionellen Parteien: Das von ihm versprochene "große Aufräumen" kann er im Parlament nur mit der Hilfe anderer durchsetzen - aber das lehnt der 63-Jährige kategorisch ab.

Dabei könnten die "Grillini" in wenigen Wochen gemeinsam mit dem Partito Democratico und Pier Luigi Bersani als Ministerpräsident einen beträchtlichen Teil der geforderten Reformen durchsetzen: vom Wahlrecht über die Abschaffung der Regeln zur Parteienfinanzierung bis hin zur Halbierung der Zahl der Abgeordneten. Doch Grillo verweigert sich.

Dass die Bewegung schon bei der ersten Abstimmung über die eigenen Dogmen stolperte, dürfte die internen Konflikte verschärfen, denn die Truppe ist keineswegs so kompakt, wie sie ihr Gründer darstellt: Während einige auf der Linie ihres Chefs liegen, gehen anderen die Verbalattacken des Komikers ebenso auf die Nerven wie sein autoritärer Stil und seine ständigen Eingriffe.

Grillos Albtraum ist es, die Kontrolle über die eigenen Leute zu verlieren. Lautstark wettert er auch gegen die in der Verfassung verankerte Mandatsfreiheit: "Wer abspringt, gehört mit Fußtritten davongejagt!" Dissidenten hat Grillo noch nie geduldet: "Geht mir mit der internen Demokratie nicht auf den Sack!", tönte er derb.

Berlusconi, der im Senat mit Buh-Rufen bedacht wurde, bezeichnete Grillos Bewegung als "Sekte" und wertete die Wahl der Präsidenten als " Putsch" und als "militärische Besetzung der höchsten Staatsstellen durch die Linke". (Gerhard Mumelter, DER STANDARD, 18.3.2013)