Unter den unerträglichen Dingen, wegen derer man sich umbringen könnte, wenn das so einfach wäre, führt Hamlet, Prinz von Dänemark, neben "des Mächtigen Druck, des Stolzen Misshandlungen, verschmähter Liebe Pein, des Rechtes Aufschub" auch den "Übermut der Ämter" an. Shakespeares insolence of office könnte man auch mit "Frechheit", "Unverschämtheit" des Amtes bzw. seiner Inhaber übersetzen. Und jeder wüsste aus dem Stegreif entsprechende Geschichten zu erzählen. Gerade im Obrigkeitsstaat Österreich.

Es gibt kleine und größere Amtsträger. Bekannte und anonyme Personen. Politisch eingesetzte und solche aus der normalen Bürolaufbahn. Aber etlichen ist gemein, dass sie nicht mehr wissen, wer sie bezahlt und wofür sie eigentlich da sind. Daran muss man sie erinnern.

Zwei Beispiele aus dem Standard vom Freitag. Zum Thema "zu teures Wohnen" und Wiedereinführung der Zweckbindung für Wohnbauförderungsmittel sagte der niederösterreichische Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka: "Ich lasse mir nicht vorschreiben, wie ich frei einzusetzendes Geld verwenden darf."

Er lässt sich nicht vorschreiben. Er lässt sich nicht vorschreiben, was mit dem Steuergeld geschieht, das bis vor wenigen Jahren zweckgebunden war - zur Subvention von Wohnbauten - und dann unklugerweise freigegeben wurde, damit die Bundesländer damit für fragwürdige Projekte um sich schmeißen oder einfach Budgetlöcher stopfen.

Wolfgang Sobotka ist ohnehin der König der patzigen Antworten, vor allem wenn es darum geht, was aus den Summen wurde, mit denen das Land Niederösterreich an den Finanzmärkten spekulierte. Die Wohnbauförderung ist direktes Steuergeld, das die Länder vom Bund rübergeschoben bekommen. Und wenn die Bundes-ÖVP die sehr gute Idee hat, dass dieses Geld auch wieder verpflichtend für billigere Wohnungen eingesetzt werden soll, dann sollte der VP-Landesrat Sobotka nicht so tun, als wäre es sein persönliches Geld, über dessen Verwendung er sich nichts vorschreiben lässt.

Szenenwechsel nach Graz. Dort haben Polizisten angesichts des furchtbaren Zustandes eines neunjährigen Mädchens in einer Problemfamilie und offenbar nach entsprechenden Erfahrungen mit dem örtlichen Jugendamt einen Brief an den Bürgermeister Siegfried Nagl geschrieben. Dort wurde den Mitarbeitern des Jugendamtes "Untätigkeit" vorgeworfen. Sie hätten sich für unzuständig erklärt. Was tut die zuständige Jugendstadträtin Martina Schröck (SPÖ)? Ihre Reaktion: "Die Polizisten haben den Dienstweg nicht eingehalten."

Bravo. Das ist die richtige Setzung von Prioritäten. Vor allem angesichts der Tatsache, dass das Grazer Jugendamt schon in einem anderen spektakulären Fall (Vergewaltigungen in einem Jugendheim) in Kritik gekommen war. Es ist die Aufgabe einer politischen Amtsträgerin, Missständen im eigenen Amtsbereich nachzugehen, statt sich in bürokratischer Solidarität zu üben. Antworten wie die von Sobotka und Schröck sind modellhaft für den Übermut der Ämter. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 16./17.3.2013)