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Kurator der Biennale: Massimiliano Gioni.

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Macht man heutzutage wohl so, die Salzburger Festspiele tun es schon länger, die Biennale von Venedig auch: auf einer Roadshow das Programm vorstellen, Sponsoren und Journalisten auf das Ereignis einstimmen. Erster Stopp von Präsident Paolo Baratta und Kurator Massimiliano Gioni auf ihrer Promotiontour war diese Woche das Italienische Kulturinstitut in Berlin; es folgen Paris, New York und der Rest der Welt, ehe sich zu den Vor-Eröffnungstagen Ende Mai alle in Venedig wiedersehen.

88 Länder werden dieses Jahr an der Biennale von Venedig (1. 6. bis 24. 11.) teilnehmen, zehn davon zum ersten Mal. Unter den Debütanten Angola, Bahamas, Tuvalu - und nach langjährigen Verhandlungen, nein, nicht der Vatikan, sondern ausdrücklich der Heilige Stuhl.

Präsident Barrata wählte denn auch einen alttestamentarischen Vergleich - Moses führt die Juden durch das Rote Meer - , um die Rolle des Künstlers in der heutigen Zeit im Allgemeinen und auf der diesjährigen Biennale im Besonderen zu erklären.

Es ist ein ungewöhnliches und ungewöhnlich ambitioniertes Programm, das sich Massimiliano Gioni, im Hauptberuf künstlerischer Direktor der Nicola-Trussardi-Foundation in Mailand und Chefkurator am New Museum of Contemporary Art in New York, ausgedacht hat: Il Palazzo Enciclopedico - der enzyklopädische Palast scheint wie eine Kombination der vorangegangenen Biennalen, Daniel Birnbaums Welten bauen und Bice Currigers Illuminations. Möglich ist alles, die Gefahr ist Beliebigkeit. Figurative und abstrakte Werke von Künstlern und Laien aus allen Erdteilen zu Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, zu Spiritualität, Geologie, Anthroposophie, Psychologie, Philosophie.

Inspiriert zu diesem auswuchernden Lexikon des Unbewussten, der inneren und äußeren Bilder, der Obsessionen und Visionen hatte ihn der Palazzo Enciclopedico des italienischen Autodidakten Marino Auriti (1891-1980): Auf 136 Stockwerken wollte der gelernte Automechaniker einen Wissensspeicher der Menschheit unterbringen, eine Art Arche Noah des globalen Wissens.

Es blieb bei der Idee und einem Modell, das er aus Holz, Haarkämmen, Plastik, Glas und Metall baute. Dieses Ausstellungsstück des American Folk Art Museum in New York wird Gioni, mit 39 Jahren jüngster Kurator der internationalen Biennale-Ausstellung, auch im Arsenal zeigen.

Aus Österreich holt er Werke zweier ehemaliger Biennale-Teilnehmer nach Venedig: der Malerin Maria Lassnig und des im vergangenen Juli verstorbenen Bildhauers Walter Pichler. Auch diese sind ein Indiz dafür, dass Gioni keine Einkaufsliste jugendfrischer Mainstream-Ware für den Kunstmarkt erstellen möchte. (Andrea Schurian aus Berlin, DER STANDARD, 16./17.3.2013)