"Unserem Land wäre mehr gedient, wenn die SPÖ endlich ihre erfolglosen Politiker bestrafen würde und sie nicht auch noch zu Generalsekretären macht."

Foto: Der Standard/Cremer

"Mit ein paar Managern eine Neiddebatte anzuzetteln ist nicht meine Art der Politik. Bringt auch nichts."

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STANDARD: Kriegen Sie das Spekulationsverbot mit den Bundesländern noch auf die Reihe?

Spindelegger: Wir verhandeln. Wenn man so viele Verhandlungspartner am Tisch hat, ist es langwierig. Wir haben die Länder, wir haben die Opposition, wir haben den Rechnungshof, aber wir werden einen Weg finden. Eine 15a-Vereinbarung haben wir ja schon abgeschlossen. Jetzt geht es um die verfassungsrechtliche Ergänzung.

STANDARD: Gegen die sich die Länder sträuben.

Spindelegger: Die Länder sind verständlicherweise nicht begeistert, wenn es um die Einschränkung ihrer Freiheit geht. Aber ich glaube schon, dass ein Einsehen da ist, dass man nach den Vorfällen in Salzburg bundesweit reagieren muss. Diese Spekulationen gehören verboten.

STANDARD: Haben Sie ein Druckmittel in der Hand?

Spindelegger: Das ist schwierig. Ein Druckmittel auszupacken, heißt, dass die Gegenseite noch fünf andere Forderungen auf den Tisch legt.

STANDARD: Werner Faymann und Sie sind noch Koalitionspartner, zugleich aber auch Konkurrenten im Wahlkampf.  Wie ist Ihr Verhältnis zu ihm?

Spindelegger: Konstruktiv. Wir sind Partner in dieser Regierung und das werden wir gut miteinander zu Ende bringen. Wir haben auch viel gemeinsam erreicht: Schuldenbremse, Reformpaket, Wirtschaftsmaßnahmen für Jungunternehmer, Schulreformen.

STANDARD: Aber Ihr Wahlkampf wird wohl nicht Kritik an der SPÖ wohl aussparen?

Spindelegger: Sie nennen es Kritik ich nenne es inhaltliche Auseinandersetzung. Aber ich bin nicht der Typ, der jemanden anderen persönlich angreift und verletzt, das ist nicht mein Stil. Ich hoffe, dass das auch von der anderen Seite so gesehen wird. Unserem Land wäre mehr gedient, wenn die SPÖ endlich ihre erfolglosen Politiker bestrafen würde und sie nicht auch noch zu Generalsekretären macht.

STANDARD: Ihr Generalsekretär Johannes Rauch zieht sich auch nicht gerade Glacehandschuhe an.

Spindelegger: Das ist auch nicht die Art von Parteisektretären. Aber Johannes Rauch ist nicht jemand, der untergriffig wird und persönlichste Familiengeschichten ins Zenrum stellt. Das haben wir nicht notwendig.

STANDARD: Sie wollen noch Erster werden?

Spindelegger: Selbstverständlich.

STANDARD: Da werden Sie wohl auch die SPÖ attackieren und die Schwächen von Faymann hervorarbeiten müssen.

Spindelegger: Mir geht es um etwas anderes: Wer hat die besseren Ideen für die Zukunft? Das muss der Wahlkampf sein. Ich will zeigen, wie man Österreich erfolgreich in die Zukunft bringt. Das kann nur mit einer klugen Wirtschaftspolitik gehen, in der ein Klima von Berechenbarkeit und Vertrauen besteht. So werden gut bezahlte Arbeitsplätze geschaffen und nicht mit Steuererhöhungsansagen.

STANDARD: Können Sie auf den Punkt bringen, was die ÖVP besser macht als die SPÖ?

Spindelegger: Sicher. Wir stehen für jene Menschen, die in der Früh aufstehen, hart arbeiten und am Ende des Monats auch noch etwas davon haben wollen. Die SPÖ will den Menschen immer mehr wegnehmen. Wir wollen, dass ihnen immmer mehr bleibt. Ich muss Österreich für Unternehmer attraktiv gestalten, gute Arbeitsplätze schaffen, die Familien entlasten. Die Menschen müssen das Gefühl haben, dass sich ihre Leistung auch auszahlt.

STANDARD: Was sagen Sie dazu, Managergehälter und Bonizahlungen einzuschränken?

Spindelegger: Ich kann mich gut mit dem anfreunden, was die Kommission vorgeschlagen hat: Dass es zwar dem Unternehmen selbst überlassen bleibt, was es zahlt, dass dort aber nicht nur der Aufsichtsrat oder ein Teil des Aufsichtsrats die Verhandlungen führt, sondern dass man das transparent macht und auch der Hauptversammlung vorlegt. Die Gehälter müssen dort eine Mehrheit finden.

STANDARD: Gibt es eine Leistung, die fünf oder zehn oder gar 60 Millionen Euro im Jahr wert ist?

Spindelegger: Wenn Sie mich fragen, absolut Nein. Da hat in einigen Branchen eine Kultur der Maßlosigkeit Einzug gehalten.  Das kann niemand wert sein.

STANDARD: Eine von der Kommission oder einer Regierung vorgegebene Regulierung wäre doch ein ziemlicher Eingriff in den Markt, genau das, was Sie nicht wollen.

Spindelegger: Wir sind keine Republikaner unser Konzept ist die soziale Marktwirtschaft und die basiert auf einer starken Realwirtschaft. Die wollen wir stärken. Das ist mein Ziel.

STANDARD: Auch in Österreich gibt es eindrucksvolle Gehälter von Bankdirektoren.

Spindelegger: Im internationalen Vergleich aber noch bescheiden.

STANDARD: Was halten Sie vom Vorschlag der SPÖ, erfolglose Manager, die die Konzernziele nicht erreichen, mit Gehaltsabschlägen zu bestrafen?

Spindelegger: Mit Symbolthemen alleine ändern wir nichts zum Besseren. Wann ist jemand erfolgreich und wann nicht? Mit ein paar Managern eine Neiddebatte anzuzetteln ist nicht meine Art der Politik. Bringt auch nichts.

STANDARD: In Kärnten scheint eine Dreierkoalition aus SPÖ, ÖVP und Grünen sehr wahrscheinlich zu sein. Diese Modell wird auch auf Bundesebene ins Spiel gebracht.  Könnte das Ihre Zustimmung finden?

Spindelegger: Eine Dreierkoalition bedeutet drei Partner, die Probleme machen. Eine Zweierkoalition bringt schon genügend Probleme. Weshalb sollte man eine Dreierkoalition machen?

STANDARD: Sie meinen, Sie haben schon zu zweit ausreichend Probleme?

Spindelegger: Absolut. Wir haben ideologisch eine völlig unterschiedliche Richtung. Es ist schwer genug, da einen Weg zu finden, besonders in einer Krise. Da jetzt noch einen dritten Partner dazuzuholen, der alles noch schwieriger macht, das sehe ich nicht wirklich als das, was in Zukunft Österreich nach vorne bringt. Ganz im Gegenteil. Ich bin gegen Instabilität und für Berechenbarkeit.

STANDARD: Wie täten Sie sich prinzipiell mit den Grünen?

Spindelegger: Warum soll ich mir das überlegen? Ich will das gar nicht. Ich sehe da keinen Vorteil, ganz und gar nicht.

STANDARD: Im Parlament wird derzeit ein Demokratiepaket auf Schiene gebracht, das bereits bei der Nationalratswahl im September Anwendung finden soll. Im Wesentlichen geht es um die Stärkung des Vorzugsstimmensystems. Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?

Spindelegger: Nicht ganz. Ich hätte das Vorzugsstimmensystem stärker ausgebaut. Die Bürger fühlen sich von der Politik nicht mehr ernst genommen, daher wenden sie sich ab. Ich bin sehr dafür, dass wir die Instrumente der direkten Demokratie stärker ausbauen.

STANDARD: Wenn das Prinzip der Vorzugsstimmen stärker ausgebaut wird, könnte das bedeuten, dass die Macht des Parteichefs oder des Klubchefs geringer wird. Abgeordnete, die direkt gewählt werden, lassen sich vielleicht weniger herumkommandieren.

Spindelegger: So ist es. Ich hab aber auch jetzt keinen Klub der ÖVP, der völlig zahm hinter mir steht und fragt: Wo darf ich die Hand heben? Wir haben schon ordentliche Diskussionen.

STANDARD: Da gibt es durchaus den Vorwurf, der VP-Klub sei eine brave Abstimmungsmaschine.

Spindelegger: Vergleichen Sie das mit anderen Klubs. Schauen Sie sich den freiheitlichen Klub an: Haben  Sie da schon einen Abgeordneten erlebt, der gesagt hätte, der Strache hat Unrecht? Bei uns gibt es das sehr wohl, dem muss man sich stellen. Bei der Direktwahl der Abgeordneten geht es darum, dass der Bürger seinen Kandidaten für das Parlament unmittelbar bestimmen kann.

STANDARD: Haben Sie keine Angst, dass dann jeder Kandidat seinen eigenen Wahlkampf führt und sich auf Kosten der Partei zu profilieren versucht?

Spindelegger: Wenn man in die Verfassung schaut, ist das in Wahrheit unser System. Das Parteiensystem steht ja nicht in der Verfassung. Das Parteiensystem hat sich entwickelt. Das hat auch seine Vorteile und ich stelle es nicht in Frage. Aber es sollte sich der einzelne Abgeordnete auch für seine Region und seine Wähler ganz konkret in den Entscheidungsprozessen stark machen.

STANDARD: Ihr Justizsprecher Michael Ikrath führt zum Beispiel seinen eigenen Wahlkampf, weil er offenbar um sein Leiberl fürchtet. Der tritt dann durchaus auch gegen die Parteilinie auf und spricht sich für Frauenquoten aus. Wenn er da seine Position äußert, wird er aber gleich zurückgepfiffen.

Spindelegger: Zurückgepfiffen wird er nicht. Aber nur weil er glaubt, dass es so ist, müssen  nicht alle anderen seine Meinung übernehmen. Er muss auch einsehen, dass seine Position in der Partei eine Minderheitsposition ist.

STANDARD: Was ist mit einem Mehrheitswahlrechts? Wird es da seitens der ÖVP noch einen Vorstoß geben?

Spindelegger: Das muss man ernsthaft diskutieren. Wir haben über die Möglichkeit von drei Parteien in der Regierung geredet. Ich halte das nicht für wünschenswert. Ganz im Gegenteil. Klare Verhältnisse haben einen Vorteil. Aber realistisch ist ein Mehrheitswahlrecht jetzt nicht. Ich brauche dazu zwei Drittel der Stimmen im Nationalrat, davon sind wir weit entfernt. Die SPÖ will das aus Prinzip nicht, auch die Oppositionsparteien wollen das nicht. Also wird es wohl nicht kommen.

STANDARD: Ungarn hat eine Verfassungsänderung beschlossen, die auch in der EU auf heftige Kritik stößt. Ist Victor Orban noch ein europäischer Partner für Sie?

Spindelegger: Natürlich ist er ein Partner, Ungarn ist  genauso ein Mitgliedsland und Orban ist mit einer unglaublichen Mehrheit im Parlament ausgestattet. Dennoch muss man jetzt sagen: Orban ist mit seinen Maßnahmen am Rande des Erträglichen angekommen. Ich kann ihm nur raten, alle Rechtsfragen rund um die neue Verfassung mit europäischem Recht abzuklären, das muss ganz klar gelöst werden. Ungarn muss auf den Boden europäischen Rechts zurückkehren. (Michael Völker, DER STANDARD, 16./17.3.2013)