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Der etwa 45 Meter große Asteroid 2012 DA14, der die Erde am 15. Februar in einem Rekordabstand von nur 27.000 Kilometer passierte, war erst am 23. Februar 2012 entdeckt worden.

Foto: APA/ EPA/NASA/JPL-CALTECH

Heidelberg - Um einen Himmelskörper auf Kollisionskurs mit der Erde aufzuhalten, ist Zeit der entscheidende Faktor - und diese könnte im Fall der Fälle knapp werden, denn immer wieder entdecken Astronomen die Brocken erst ganz kurz bevor sie mehr oder weniger nahe an unserem Planeten vorüber fliegen. "Je früher man das weiß, desto weniger Kraft muss man für Gegenmaßnahmen aufwenden", sagt Mario Trieloff vom Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg. Der Forscher meint die Kraft, um den Asteroiden in seiner Bahn abzulenken oder im Extremfall zu zerstören. In Heidelberg haben Wissenschafter am Donnerstag auf einem Symposium beraten, wie groß die Gefahr ist und welche Gegenmittel es gibt.

Der Meteorit, der im Februar bei Tscheljabinsk in Russland aufschlug, war aus Forschersicht ein eher harmloser Bote aus dem Weltall - auch wenn rund 1500 Menschen verletzt wurden. Zehn bis 15 Meter groß soll er im Durchmesser gewesen sein. Im All seien sehr viel größere Brocken unterwegs, sagen Forscher. Und dann gibt es noch ein - wesentlich heikleres - Problem: Viele von ihnen sind noch gar nicht entdeckt.

90 Prozent der großen Brummer bekannt

Was die Abwehr der Gefahr aus dem All betrifft, gibt es zu Risikomanagement und Prävention bislang nur wenige konkrete Ansätze. "Dennoch konnten in den vergangenen Jahren aber auch deutliche Fortschritte erzielt werden," meint Trieloff. Ganz gut weiß man etwa inzwischen über die richtig großen Brummer Bescheid, die einen Durchmesser von etwa einem Kilometer haben. Die Wissenschafter gehen davon aus, dass es rund 1.000 gibt, die nahe der Erde unterwegs sind. "90 Prozent kennt man inzwischen und kann ihren Weg gut voraussagen", sagt Trieloff. Die restlichen zehn Prozent würden in den nächsten Jahren registriert, ergänzt der Physiker.

Asteroiden dieses Kalibers könnten auf der Erde bei einem Einschlag auch langfristig gewaltigen Schaden anrichten, erläutert Trieloff. Nach der gewaltigen Erschütterung reicht das Szenario bis hin zu längeren Verdunkelungsphasen. Sie könnten das pflanzliche System der Photosynthese stören - und die Nahrungsversorgung würde zusammenbrechen. Ein Trost: Solch ein Riesenteil schlägt statistisch gesehen nur im Abstand von mehreren Millionen Jahren auf der Erde ein.

Gefahr geht von Brocken unter einem Kilometer aus

Anders sieht die Lage bei den kleineren Asteroiden aus, die mit einem Durchmesser von einigen hundert Metern immer noch richtige Brocken sind und ebenfalls der Erde gelegentlich nahe kommen. Geschätzt 10.000 könnte es mit einen Durchmesser von rund 500 Metern geben, 100.000 mit einem Durchmesser von 250 Metern, erläutert Trieloff. Würde solch ein Meteorit in einen Ozean einschlagen, könnte er einen gewaltigen Tsunami auslösen.

Nach einer aktuellen Abschätzung Astronomen basierend auf Daten des "Wide-field Infrared Survey Explorer" (WISE) der NASA kreisen 4.700 (plus/minus 1.500) potentiell gefährliche Asteroiden mit einem Durchmesser von über 100 Metern um die Sonne. Bislang hat man davon etwa 20 bis 30 Prozent ausgemacht. Die Registrierung der übrigen Asteroiden wird noch längere Zeit in Anspruch nehmen. Das "wahrscheinlichste Szenario" sei aber, dass ein Asteroid, der auf die Erde zusteuert, Jahre vorher entdeckt werde, sagt Trieloff. Dann kommen mögliche Gegenmaßnahmen ins Spiel.

Unterschiedliche Anti-Asteroiden-Methoden

An ihnen forscht zum Beispiel Alan Harris vom Institut für Planetenforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Rahmen des internationalen Forschungsprojektes NEOShield. Harris zählt verschiedene Varianten auf, wie man einen Asteroiden vom Kollisionskurs abbringen könnte. Zum Beispiel durch einen kontrollierten Zusammenstoß mit einer Raumsonde. Das setzt im Idealfall aber voraus, dass die Beschaffenheit des Asteroiden bekannt ist - um seine Reaktion prognostizieren zu können. Eine andere Idee: Den Flugkörper über lange Zeit von einer Raumsonde begleiten zu lassen, damit ihre Anziehungskraft die Flugbahn des Himmelskörpers beeinflusst. "Das dauert allerdings mehrere Jahre", sagt Harris.

In Experimenten und am Computer tüfteln Wissenschafter auf der ganzen Welt, wie man Asteroiden beeinflussen kann. In Freiburg beschießen Forscher am Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik zum Beispiel verschiedene Gesteine, um ihre Reaktion zu beobachten. Von diesen Experimenten und Rechenmodellen erhoffen sie sich Aufschlüsse, wie ein Asteroid auf eine gezielte Kollision reagieren würde. "Das funktioniert sehr gut. Letztlich kann es aber die Erkenntnisse, die man aus einer konkreten Versuchsmission im All bekommen würde, nicht ersetzen", sagt der Freiburger Projektleiter Frank Schäfer. Eine solche Mission würde aber sehr viel Geld verschlingen.

Andere Methoden wiederum lassen sich gar nicht verantwortungsvoll testen. Zum Beispiel eine sehr umstrittene Variante, die als letzter Ausweg gehandelt wird: Den Einsatz einer Atombombe im All, um einen Asteroiden von der Erde abzulenken. (APA/red, derStandard.at, 14.03.2013)