Wenn Vincent, der mürrische Held, nicht zu Hause die Hühner füttern, das Dach ausbessern oder seiner Frau zu Diensten sein muss, dann zwingt ihn die tägliche Routine in die Fabrik, in der er als Schweißer arbeitet.
Vincent, ein Verwandter anderer Iosseliani-Helden - der französische Produzent Jacques Bidou debütiert in dieser Rolle sehr überzeugend als Darsteller - wirkt, als hätte er mit diesem Leben abgeschlossen. Nur der Dauerverstoß gegen das allgegenwärtige Rauchverbot birgt den Charakter einer kleinen anarchischen Geste. Irgendwann unternimmt er dann doch einen Ausbruchsversuch, der in die Ferne führt. Allerdings fällt seine Ankunft im vermeintlichen Paradies auf einen Sonntag, und der Müßiggang ist endlich. Die Verpflichtung zur Produktivität wartet schon, und am nächsten Tag nimmt alles wieder den gewohnten Gang.
Iosseliani, der zunächst Musik und Mathematik studierte, bevor er bei Alexander Dowschenko an der Moskauer Filmhochschule zum Regisseur ausgebildet wurde, inszeniert diese parabelhafte Erzählung als absurde Komödie. Zuweilen erinnert Montag Morgen an die Arbeiten eines Luc Moullet, der ähnlich eigensinnig gegenwärtige Lebensbedingungen und deren Auswüchse studiert.
Oder auch an Filme von Jacques Tati, in denen sich Protagonisten in komplexen, tönenden Architekturen verfangen: Die Arbeitsstätte von Vincent etwa erscheint mehr als die Anmutung einer Fabrik, ein mysteriöses Areal voller Rauchschwaden und lautem Getöse, eine "rhythmische Fabrik", in der sich vereinzelte Handgriffe und Verrichtungen zu eigentümlichen Choreografien formieren.
Scheinfabriken
Was dort produziert wird, bleibt dagegen eher undurchschaubar. Dem Regisseur fällt dazu im Gespräch mit dem STANDARD eine russische Anekdote ein: "Es gab in Russland geheime Fabriken, die Waffen produzierten, aber offiziell als Fernseher- oder Nähmaschinenfabrik galten. Ein Arbeiter hatte nach und nach Einzelteile gestohlen, seine Frau wollte eine Nähmaschine. Als er alles zusammengebaut hatte, bekam sie stattdessen eine Kalaschnikow. Das beschreibt sehr schön die Absurdität der heutigen Arbeitswelt. Ich habe den Zuschauer in eine Position versetzt, in der er nicht weiß, was das Ergebnis all dieser Anstrengungen ist."
Dafür entwickelt der Film, für dessen hintergründige Bildkompositionen der Kameramann William Lubtchansky verantwortlich zeichnet, aus der Wiederholung alltäglicher Abläufe, in der noch die Vergnügungen einem Pflichtgefühl geschuldet scheinen, allmählich ein fast tänzerisches Zusammenspiel.
"Alle Bewegungen auf dieser Erde haben tänzerisches Potenzial. Jede Ortsveränderung, jede Begegnung, jede Arbeit - von weitem betrachtet wirkt das wie ein Tanz. Für die Beteiligten ist es das natürlich keineswegs, für die ist es schwere Arbeit, Pflicht, Notwendigkeit, etwas zu tun. Aber auch Tanzen ist letztlich eine Form von harter Arbeit. Ich glaube, dass diese Methode des Choreografierens von allem, was uns im Leben umgibt, uns die Inhalte dieses Lebens leichter formulieren und dechiffrieren lässt. Außerdem versuche ich, nichts dem Zufall zu überlassen. Die Arbeit der Taschendiebe im Film folgt zum Beispiel einer exakten Choreografie."
Dabei setzt der Film Musik nur sehr sparsam und pointiert ein: "In Montag Morgen wird immer wieder gesungen und musiziert, aber es gibt keine Off-Musik. Man weiß immer genau, wo die Töne herkommen. Ich verabscheue es, Musik illustrativ einzusetzen, so wie sie etwa in US-Serien verwendet wird, von Anfang bis Ende durchläuft und genauen dramaturgischen Vorgaben folgt.
Dafür interessiere ich mich sehr wohl für den Ton. Der Klang der Fabrik beispielsweise ist sehr komplex, er besteht aus 40 Tonspuren. Mithilfe eines differenzierten Tons lassen sich die Grenzen des Bildrahmens erweitern: Töne, die von außen kommen und die Vorstellung erwecken, dass es noch ein anderes Leben gibt, eines, das man nicht sieht."
Auf der Leinwand selbst bleibt dem Helden das andere Leben verwehrt. Was er gewonnen hat, so Iosseliani, ist die Wertschätzung seiner vertrauten Umgebung. Und das scheint weniger an nostalgischen Heimatgefühlen zu liegen, als vielmehr an der Erfahrung eines Filmemachers, der sich trotz seiner mehr als ein Jahrzehnt währenden Zeit im französischen Exil immer als Teil der georgischen Filmkultur betrachtet hat: