Männer in Signalwesten sichern eine Demonstration in Assiut. Es ist der erste Auftritt einer Bürgerwehr in der ägyptischen Stadt, aufgestellt von der ultrakonservativen Gamaa al-Islamiya. In Assuan ruft Scheich Khaled al-Qosy dazu auf, Bürgerkomitees zu bilden, um staatliche Institutionen zu schützen. Auch in Mahalla sorgen Zivilisten dort für Sicherheit, wo die Polizei streikt.

Die Situation erinnert an den 28. Jänner 2011, als sich mitten in den Revolutionswirren die Polizei zurückzog und schnell Nachbarschaftswachen entstanden. Jetzt ist es eine Streikwelle in der Polizei, die vor allem Islamisten dazu getrieben hat, das Vakuum aufzufüllen. Die Polizisten gehen auf die Straße, sie fordern bessere Ausrüstung und Reformen. Sie wehren sich dagegen, für die Politik missbraucht zu werden.

Eine Koalition islamischer Kräfte, darunter auch die regierenden Muslimbrüder, hat in einer Stellungnahme ihre Unterstützung für die Sicherheitskräfte unterstrichen und Attacken gegen Polizeistationen scharf verurteilt. Am Schluss stand der Aufruf, Bürgerkomitees zu gründen. Sie sollten nur gegen Vandalen vorgehen, nicht gegen friedliche Demonstrationen und Sit-ins.

Bestärkt in ihrem Engagement wurden die Islamisten am Wochenende durch einen Appell des Generalstaatsanwaltes an die Bürger, Vandalen der Justiz zu überstellen. Das Recht einfacher Bürger, Rechtsbrecher festzunehmen, sei im Artikel 37 des Strafrechtes verankert.

Innenminister Mohammed Ibrahim musste zwar eingestehen, dass die Lage bei der Polizei angespannt sei, unterstrich aber, dass er es nie zulassen werde, dass Bürgerwehren oder Milizen tatsächlich polizeiliche Aufgaben übernehmen.

Sorge vor bewaffneter Miliz

Auch Menschenrechtsaktivisten und die Opposition wehren sich gegen diese parallele "Polizei" und warnen vor der Gefahr bewaffneter Milizen - diese könnten zu Unruhen oder gar zu einem Bürgerkrieg führen. Ein Mitglied der sozialdemokratischen Partei warf den Islamisten vor, das sei ein weiterer Versuch, die Macht zu monopolisieren.

Wie es aussieht, wenn selbsternannte Ordnungshüter Polizei spielen, zeigte sich vor einigen Wochen bei Demonstrationen in Kairo: Da hatten Unbekannte - die Opposition sprach von Muslimbrüdern - Demonstranten aufgegriffen, sie verprügelt und dann der Polizei übergeben. (Astrid Frefel, DER STANDARD, 14.3.2013)