Mit federnden Schritten stürmt er die Treppe hinauf, manchmal zwei Stufen auf einmal. Barack Obama eilt in den Kongress, in dem er sich bisher nur selten blicken ließ. Nun findet er sich gleich an drei Tagen hintereinander hier ein. Er will signalisieren, dass die Zeit zu schade ist für ideologische Grabenkämpfe. Am Dienstag setzte er sich mit den Demokraten des Senats zusammen, am Donnerstag folgen die Republikaner dort. Am Mittwoch stand der schwierigste Termin auf dem Programm: die Konservativen im Repräsentantenhaus, wo man den Einfluss der Tea Party am ehesten spürt.

Es geht ums Geld. Zunächst müssen sich beide Parteien bis zum 27. März auf ein Budget verständigen, sonst droht die Schließung ganzer Bundesbehörden, weil dann keine Beamtengehälter mehr gezahlt werden dürfen. Auf lange Sicht soll ausgelotet werden, ob es nicht doch einen Weg zum Abbau der Schulden gibt.

Gerade da rechnet niemand mit einem baldigen Durchbruch. Paul Ryan, Etatexperte der Republikaner, will die Staatsausgaben binnen zehn Jahren um 4,6 Billionen Dollar senken, vor allem durch Einschnitte bei der Gesundheitsfürsorge. Die Senatorin Patty Murray konterte im Namen der Demokraten mit einem Gegenentwurf: 1,8 Billionen Dollar Defizitabbau bis 2023 durch Sparen und Mehreinnahmen. Gleichwohl liegt ein Hauch vorsichtiger Aufbruchsstimmung über Washington. Was für ein Kontrast zur Polemik des vergangenen Wahlherbstes!

Lektion gelernt

Es begann mit einem Dinner, als Obama und zwölf konservative Senatoren bei Krebs-Risotto den Dialog suchten. Dann wurde Ryan sogar solo zum Mittagessen ins Weiße Haus eingeladen.

Wenn nicht alles täuscht, hat Obama, der kühle Analytiker, eine Lektion gelernt von Bill Clinton. Während dieser noch spätabends am Netzwerken war, auch mit der Opposition, galt Obama bisher als einer, der den Smalltalk aufs Minimale beschränkt, feuchtfröhliche Runden hasst und lieber ein geregeltes Familienleben führt.

Obamas Spindoktoren haben reagiert und erzählen nun private Episoden: So lud der Hausherr kürzlich fünf Republikaner ein, um gemeinsam mit ihnen, Steven Spielberg und Daniel Day-Lewis das Filmepos Lincoln anzuschauen - ein Werk über die Kunst, Kompromisse zu schmieden. Gelungen ist bisher keiner. (Frank Hermann, DER STANDARD, 14.3.2013)